Belgischer Fall: EuGH-Urteil zum Sozialbetrug

Ein Urteil des EU-Gerichtshofes ermöglicht Belgien, juristisch gegen Sozialbetrug in Bulgarien vorzugehen, auch wenn die bulgarischen Behörden am jeweiligen Verfahren nicht mitarbeiten wollen. Das Urteil ist auch wichtig für andere Verfahren in Sachen Sozialdumping im EU-Ausland. Hintergrund ist ein Verfahren in Belgien gegen Sozialbetrug im Bauwesen.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist es nationalen Gerichten in der EU erlaubt, im Falle von Sozialdumping und Sozialbetrug Bescheinigungen von Arbeitnehmern aus dem EU-Ausland abzulehnen, wenn es sich bei den jeweiligen Verfahren nachgewiesener Maßen um bewiesene Straftaten handelt. Hintergrund dieses EuGH-Urteils ist ein in Belgien laufendes Verfahren gegen Sozialbetrug im Bauwesen.

Vor einigen Jahren waren Sozialinspektoren in Belgien auf eine Baufirma gestoßen, die all ihre Aufträge an Subunternehmen aus Bulgarien weitergab. Die bulgarischen Unternehmen detachierten ihre Bauarbeiter nach Belgien. Die Arbeiter verfügten, wie es das Gesetz verlangt, über eine sogenannte bulgarische A1-Bescheinigung, die belegte, dass sie in ihrem Heimatland sozialversichert waren.

Ermittlungen in Belgien ergaben allerdings, dass diese Unternehmen in Bulgarien keine Aktivitäten ausführten. Diese Firmen waren lediglich dazu gegründet worden, um das belgische Sozialsystem zu umgehen. Belgien beantragte denn auch bei den bulgarischen Behörden, diese A1-Bescheinigungen einzuziehen, doch dies wurde abgelehnt.

Nach der Berufung zum EuGH

Trotzdem kam es in Antwerpen zu einem Verfahren, in dem die Chefs des belgischen Bauunternehmens verurteilt wurden. Ein Antwerpener Richter urteilte, dass er nicht an die bulgarischen A1-Bescheinigungen der Bauarbeiter gebunden sei, da diese auf betrügerische Art und Weise erlangt wurden. Die Angeklagten gingen in Berufung und der Vorgang wurde an den EuGH weitergegeben.

Jetzt gab der Europäische Gerichtshof der belgischen Justiz Recht. „Nationale rechtliche Instanzen können im Betrugsfall Zertifikate zur sozialen Sicherheit von innerhalb der EU detachierten Arbeitnehmern außer Betracht lassen.“, heißt es dazu im Urteil der europäischen Richter. Fast alle Parteien in Belgien begrüßten am Dienstag dieses Urteil und Belgiens Staatssekretär für den Kampf gegen Betrug, Philippe De Backer (Open VLD) nannte das Urteil „bahnbrechend“.

Das Urteil hat Konsequenzen für ähnliche Fälle in der gesamten Europäischen Union und kann die Themen Sozialdumping und das Detachieren von Arbeitskräften innerhalb der EU gehörig beeinflussen. Die aus Belgien kommende EU-Kommissarin für Arbeit und Soziales, Marianne Thyssen (CD&V/EVP), zeigte sich zufrieden mit dem EuGH-Urteil: „Dies schließt sich den Anstrengungen der EU-Kommission an, die Gesetzgebung in Sachen freiem Verkehr von Personen und Dienstleistungen zu verschärfen. Betrug und Missbrauch zu bekämpfen ist eine Priorität.“

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