Verhofstadt nahm Zuckerberg im EP hart ran

Belgiens Ex-Premier Guy Verhofstadt, der heutige Fraktionsvorsitzende der Liberalen im EU-Parlament (Alde), machte Facebook-Chef Mark Zuckerberg am Dienstag einige scharfe Bemerkungen. Den Fragen, die ihm von den Fraktionschefs im EP gestellt worden, wich Zuckerberg einmal mehr geschickt aus, doch er wurde in Brüssel härter rangenommen, als vor dem US-Kongress.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg ist im Europaparlament härter rangenommen worden als bei seiner Anhörung im US-Kongress. Das Format, bei dem in Brüssel alle Fragen zum Schluss auf einmal beantwortet werden sollten, gab dem 34jährigen Internetmilliardär jedoch die Möglichkeit, unangenehmen Fragen auszuweichen. Zuckerberg konnte einfach nur breit gefasste Mini-Stellungnahmen zu einigen angesprochen Themen statt konkreter Antworten abgeben. Ein solches Verfahren ist generell üblich bei der sogenannten „Conference of Presidents” mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden.

Einmal mehr entschuldigte sich Zuckerberg gegenüber Europa und er wiederholte die gleichen Sätze, wie vor einigen Wochen im US-Kongress: „Wir haben unserer Verantwortung nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet. Das war ein Fehler und es tut mir leid.“ Diese und ähnliche Allgemeinplätze nutzte Alde-Fraktionschef Verhofstadt, um Zuckerberg mit scharfen Bemerkungen zu tackeln: „Sie haben im vergangenen Jahrzehnt schon 15 bis 16 Mal ‚Sorry‘ gesagt. Jedes Jahr haben wir mit Facebook ein Problem. Dieses Jahr haben sie sich schon dreimal entschuldigt und wir haben erst Mai. Sind sie überhaupt fähig, die Probleme anzugehen?“

"Sagen sie überhaupt die Wahrheit?"

Zu seiner Verteidigung im EP hatte Zuckerberg auch erklärt, dass Facebook die neuen europäischen Privacy-Regelungen (GDPR) respektieren werde und dass er diese Regelungen weltweit anwenden würde. Doch dies veranlasste Verhofstadt wieder zu einer deftigen Reaktion: „Sagen sie überhaupt die Wahrheit? Seit dem Cambridge Analytica-Skandal haben sie massiv europäische Daten von nicht-europäischen Bürgern von europäischen Servern genommen. Das ist gegen die EU-Regeln.“ Auch zu den in den GDPR-Regelungen festgeschrieben Vergütungen für betroffene Opfer stelte Verhofstadt eine Frage: „Werden sie die europäischen Facebook-Nutzer vergüten? Wie hoch wird der Betrag?“

Am Ende wurde Guy Verhofstadt gegenüber Mark Zuckerberg sogar persönlich: „Sie müssen sich selbst die Frage stellen, wie sie in die Geschichte eingehen wollen. Als einer der drei großen Internetpersönlichkeiten neben Steve Jobs und Bill Gates, die unsere Welt bereichert haben? Oder als das Genie, das ein digitales Monster geschaffen hat, das unsere Demokratie vernichtet?“

Nach rund einer Stunde musste Mark Zuckerberg diese Veranstaltung im Brüsseler Europaparlament schon wieder verlassen. Er musste "sein Flugzeug noch erreichen..."

Allgemeine Enttäuschung

Politiker aller Couleur und viele Fachleute und Beobachter in Belgien zeigten sich nach der Fragestunde enttäuscht von Facebook-Chef Zuckerberg. Alexander De Croo (Open VLD), Belgiens Minister für die digitale Agenda, sieht zwar einen Wandel, ist dennoch unzufrieden: „Mit dieser Show ist Facebook noch einmal gut weggekommen, doch ein Wandel wird sichtbar.“ Bitter enttäuscht erwies sich sein Regierungs- und Parteikollege Philippe De Backer, Staatssekretär für den Schutz des Privatlebens: „Zuckerberg blieb dabei, unangenehmen Fragen auszuweichen und redete wieder um den heißen Brei herum.“
 

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