Wie belgische Speditionen Sozialgesetze austricksen

Belgische Speditionen werden immer gewiefter, wenn es darum geht, die belgischen Sozialgesetze zu umgehen. Sie benutzen nicht nur Briefkastenfirmen in osteuropäischen Ländern, sondern gründen auch immer öfter physische Unternehmen.

Unser VRT-Kollege Tom Van De Weghe hat verschiedene solcher Adressen im slowakischen Bratislava (Pressburg) eigens aufgesucht. Zu seiner großen Überraschung waren dort nicht nur ein Dutzend belgischer Briefkastenfirmen, sondern auch zahlreiche Büros echter Transportunternehmen, die von Belgien aus betrieben werden.

"Ich habe selbst ausprobiert, wie leicht es ist, dort als Belgier ein Unternehmen zu gründen. Das geht ganz einfach, scheint es. Es gibt selbst Beratungsunternehmen, die Ihnen helfen, die belgischen Gesetze zu umgehen, indem Sie billigere osteuropäische Fahrer einsetzen", erzählt Van De Weghe.

"Mir wurde dabei sogar von einer slowakischen Dame geholfen, die einwandfrei niederländisch sprach."

Man müsse einfach nur dafür sorgen, dass die Konstruktion in der Slowakei eindeutig von der belgischen Firma getrennt ist. Mit einem Ableger in Bratislava könne man dann einfach den billigen Fahrern weiterhin Aufträge in Belgien erteilen und das zu Dumpingpreisen.

Ein Gespräch Van De Weghes mit der slowakischen Justizministerin, Lucia Žitňanská, hat ergeben: Die Ministerin hat keinerlei Bedenken bei der Anwendung dieser Praxis. Das ist eben die Europäische Union, sagt sie. In der EU herrsche freier Personenverkehr und freier Verkehr von Waren und Kapital. Das slowakische Gesetz könne das nicht verbieten.

Das sieht die EU-Kommissarin für Beschäftigung, Soziales und Integration, Marianne Thyssen, der die VRT eine entsprechende Reportage hierzu vorlegte, ein wenig anders. Europa kenne das Problem der Postkastenfirmen. Die Kontrolldienste der verschiedenen Länder müssten stärker zusammenarbeiten und etwas dagegen unternehmen, betont Thyssen.

"Wenn das eine reine Postkastenfirma ist, das heißt, wenn dort eine Adresse ist, aber diese nicht aktiv ist, reicht das nicht aus, um von dort aus Menschen in ein anderes Mitgliedsland zu entsenden und in dem Land arbeiten zu lassen, die Sozialkosten jedoch in der Slowakei abzuführen."

"Einige Länder sind noch nicht so lange Mitglied der Europäischen Union. Sie haben manchmal noch weniger gut ausgebaute Kontrolldienste. Wir ermutigen sie, diese auszuweiten und auch mit mehr finanziellen Mitteln auszustatten. Wir haben zudem eine Plattform, über die die Inspektionen zusammenarbeiten. Die funktioniert sehr gut", so Thyssen noch.

"Die Absicht ist also da und der Wille in den meisten Mitgliedstaaten auch vorhanden."

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