Eine deutschsprachige Resolution im Senat

Die Senatskommission für konstitutionelle Angelegenheiten hat einstimmig einem Resolutionsvorschlag Förderung der deutschen Sprache zugestimmt. Eingegeben hat diesen Resolutionsvorschlag der einzige aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft kommende Senator Alexander Miesen (PFF/MR - Foto). Nach einer Anpassung des Regelwerks im Senat erfolgte dieser Vorgang in deutscher Sprache, eine Premiere in dieser Zweiten Kammer des belgischen Bundesparlaments.

Senatspräsidentin Christine Defraigne ermöglichte die entsprechende Abstimmung in deutscher Sprache und gab selbst ihr Bestes, um dies auch in Deutsch zu gewährleisten. Gemeinschaftssenator Miesen begründete den Vorschlag zu dieser Resolution mit folgenden Worten:

„Aus Artikel 2 der Verfassung geht hervor, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft eine vollwertige Gemeinschaft ist, die die gleichen Rechte besitzt wie die Einwohner der beiden anderen Gemeinschaften. Aus Artikel 4 der Verfassung geht hervor, dass Belgien neben dem niederländischen, dem französischen und dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt ebenfalls aus einem deutschen Sprachgebiet besteht.

In Belgien gibt es drei Landessprachen und trotzdem müssen wir feststellen, dass die deutsche Sprache im Vergleich zu den beiden anderen Landessprachen eine Sonderstellung einnimmt. Der deutschen Sprache wird oftmals nicht dieselbe Bedeutung zuteil wie den beiden anderen Landessprachen. Ein Beispiel hierfür ist, dass die Amtssprachen am Kassationshof prinzipiell nur Französisch und Niederländisch sind.

Dabei ist die Sprachenvielfalt grundlegend und wird überdies durch zahlreiche internationale Urkunden, an denen Belgien beteiligt ist, sichtbar bestätigt. Durch den vorliegenden Resolutionsvorschlag soll der Gebrauch des Deutschen in Belgien, insbesondere bei den öffentlichen Einrichtungen, verbessert werden. Zwar wurden in den letzten Jahren durch das wegeweisende Urteil 59/94 des Schiedshofs vom 14. Juli 1994 sowie durch die sogenannten Collas-Gesetze vom 21. April 2007 Fortschritte erzielt; wir stellen jedoch fest, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht.

So geht aus dem vorbezeichneten Urteil des Schiedshofs hervor, dass für alle nach dem 1. Januar 1989 verabschiedeten föderalen Gesetze und Verordnungstexte eine deutsche Übersetzung in angemessener Frist erfolgen muss. Für vor dem 1. Januar 1989 verabschiedete Regeltexte gilt dem Urteil zufolge, dass der Rückstand progressiv und unter Berücksichtigung der Bedeutung der Regeltexte aufgearbeitet werden muss. Trotz festzustellender positiver Entwicklungen erfolgt die Übersetzung der Gesetzestexte bis heute nicht systematisch; auch der Übersetzungsrückstand konnte noch nicht maßgeblich abgebaut werden.

Weiterer Handlungsbedarf besteht z. B. bei vielen Webseiten der verschiedenen Föderalen Öffentlichen Dienste (FÖD), die keine oder nur wenige Informationen in deutscher Sprache bieten. Dieselbe Feststellung gilt für die Webseiten der öffentlichen Einrichtungen, die einem Föderalminister unterstehen. So ist auf dem Internetportal belgium.be zu lesen: ‚Die Rubriken des Portals Belgium.be sowie des Großteils der offiziellen Websites des Föderalstaates, der Gemeinschaften und Regionen wurden noch nicht in vollem Umfang auch in deutscher Sprache erstellt. Daher laden wir Sie ein, für die Suche aller offiziellen Informationen und Dienste zu diesem Thema auch die französisch- oder niederländisch-sprachige Version dieser Rubrik zu konsultieren.‘

Z. B. sind auf dem Internetportal des FÖD Volksgesundheit (http://health.belgium.be/) oder auf der Seite der Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette FASNK (http://www.fasnk.be) zwar die Grundinformationen auf Deutsch enthalten, viele weiterführende Links, etwa zu aktuellen Informationen, sind aber nur in den beiden anderen Landessprachen abrufbar. Einige Seiten bieten sogar mehr Informationen in englischer als in deutscher Sprache.

Zu bedauern ist ebenfalls, dass nicht nur die Internetseite der Rekrutierungsagentur Selor nicht auf Deutsch verfügbar ist, sondern auch, dass die deutsche Sprache in den Rekrutierungsverfahren für den öffentlichen Dienst oftmals nicht als zusätzlicher Trumpf für die Bewerber angegeben ist. Ebenso erhalten die Bürger des Gebiets deutscher Sprache viel Korrespondenz seitens öffentlicher Behörden bzw. gemäß Artikel 1 § 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten tätiger natürlicher oder juristischer Personen, die nicht in Deutsch verfasst ist. Bei vielen automatisierten Versandverfahren fehlt es vermutlich an den entsprechenden EDV-Anwendungen, die die deutsche Sprache berücksichtigen. Gleiches gilt für Anweisungen, die den der deutschen Sprachrolle angehörenden oder für das deutsche Sprachgebiet zuständigen Mitarbeitern der öffentlichen Dienste und Dienststellen seitens der öffentlichen Behörden erteilt werden.“

Zusatzantrag

Die Senatoren der flämischen Nationaldemokraten N-VA stellten einen Zusatzantrag zu diesem Resolutionsvorschlag, denn die Förderung der Sprachen-Diversität müsse im Rahmen der heutigen institutionellen Abmachungen bleiben, was ebenfalls einstimmig angenommen wurde. Dieser N-VA-Antrag erfolgte, weil die Flamen vermeiden wollten, dass der Text im Sprachenstreit in den Gemeinden mit Spracherleichterung am Brüsseler Rand in Flämisch-Brabant missbraucht werden könnte.

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