Belgiens Premier: "Ein unwürdiges Schauspiel Europas"

„Von einem unwürdigen Schauspiel Europas“, sprach der belgische Premier Charles Michel am Freitagmorgen nach der ersten Gesprächsrunde des zweitägigen EU-Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs in Brüssel vom Donnerstagabend. Michel sagte dies in Zusammenhang mit den Gesprächen zur Migrationspolitik in der EU.

Die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union hatten sich am gestrigen Donnerstagabend, am 1. Tag des Gipfeltreffens, darauf geeinigt, 60.000 Zuwanderer auf freiwilliger Basis in der EU aufzunehmen. Die erzielte Einigung sei laut dem belgischen Premier, Charles Michel, „enttäuschend“.

Die Sitzung vom Donnerstagabend bezeichnete der belgische Premier Charles Michel bei seiner Ankunft zum Gipfeltreffen am Freitagmorgen in Brüssel als „beklagenswert“ und als „ein unwürdiges Schauspiel für Europa“. Er bedauerte, dass „die Solidarität für einige nur in eine Richtung funktioniert, aber nie in die andere“.

„Der gestrige Entschluss ist beklagenswert. Die Sitzung war praktisch umsonst, wir sind kaum vorangekommen. Die Migrationsfrage ist jedoch, ob wir das nun wahrhaben wollen oder nicht, für die nächsten Jahre wichtig“, erklärte der Premier Belgiens weiter.

„Ich habe festgestellt, dass einige Länder nur einen Willen zur Solidarität haben, wenn ihnen das gerade in den Kram passt und nur dann.“

Die Situation gefällt dem belgischen Regierungschef gar nicht, denn Belgien sei, wie man das in der Vergangenheit oft gezeigt habe, ein solidarisches Land. Weiter unterstrich er, dass er darauf warte, „dass andere Länder Verantwortung übernehmen“. Dabei beklagte er, dass bei den Verantwortlichen am Verhandlungstisch vom Donnerstagabend nicht gerade die Vernunft vorgeherrscht habe.

Bei der ersten europäischen Gipfelrunde vom Donnerstagabend wurden stürmische Debatten zwischen den 28 EU-Staats- und Regierungschefs geführt, um in den kommenden beiden Jahren 40.000 Flüchtlinge, die sich derzeit in Italien und Griechenland aufhalten, vorübergehend in andere EU-Mitgliedsländer umzusiedeln. Daneben haben sich die Länder bereit erklärt, an der Wiederansiedlung von 20.000 weiteren Flüchtlingen, die über Menschenhändler in die Länder des Mittelmeerraums verschoben wurden, teilzunehmen.

Man hat sich allerdings nicht auf einen verbindlichen Mechanismus zur Verteilung der Flüchtlinge auf die verschiedenen Länder einigen können. Wie diese Flüchtlinge also genau verteilt werden, ist weiterhin offen, das heißt, von einer Aufnahmequote für verschiedene Länder war keine Rede. Die Aufnahme soll auf freiwilliger Basis erfolgen. Diese Entscheidung wurde auf den Druck einiger baltischer und osteuropäischer Staaten gefällt, die die Flüchtlinge lieber nicht in ihrem Land aufnehmen wollen.

Meist gelesen auf VRT Nachrichten