Die perfekte Sammlung von Fritz Mayer van den Bergh

Die Scheldemetropole Antwerpen gehört zu den so genannten flämischen Kunststädten und ist dem entsprechend mit Museen und anderen Kunsttempeln reichlich gesegnet. Doch in dieser großen Zahl an Museen gehen einige kleinere Häuser verloren. Darunter befinden sich allerdings einige Juwelen. Das Museum Mayer van den Bergh ist so eines. Und dies trotz der Tatsache, dass dieses Haus als einziges Museum in Flandern Werke von Pieter Bruegel dem Älteren besitzt.

Das Museum Mayer van den Bergh ist das Werk von Fritz Mayer (1858-1901) und seiner Mutter Henriette van den Bergh (1838-1920). Fritz entstammte einer hoch angesehenen und begüterten Antwerpener Familie mit Wurzeln in Köln, die mit Gewürzen und Medikamenten handelte. Seine Mutter war die Tochter des Schiffsmaklers, Getränkeproduzenten und Politikers Jan van den Bergh. Fritz aber war an dem Familienunternehmen nicht besonders interessiert und übergab die Geschäfte seinem Bruder. Er widmete sich vielmehr der Kunst und entwickelte als Autodidakt ein besonderes Gespür für den inhaltlichen und künstlerischen Wert von Werken aus dem Mittelalter und aus der Renaissance.

Mit seinem Anteil am Familienunternehmen begann er zu sammeln und er knüpfte Kontakte in alle Richtungen. Beim Sammeln allerdings beschränkte er sich nicht nur auf Kunstwerke an sich, sondern er erwarb auch Gebrauchsgegenstände und religiöse Bilder, Skulpturen und Sakralgegenstände. Teile seiner Sammlungen wurden wieder veräußert, um andere Werke erwerben zu können. Ein großer Coup gelang Fritz Mayer van den Bergh, der 1887 im Zuge der Verleihung seines Adelstitels auch den Namen seiner Mutter annahm, als er 1898 internationalen Museen zuvor kam und die Sammlung des Bildhauers und Restaurators des Louvre, Carlo Micheli, erwarb.

Doch am 4. Mai 1901 war die aufregende Sammel- und Kunsthandel-Leidenschaft von Fritz Mayer van den Bergh jäh zu Ende, als er den Folgen eines Reitunfalls erlag. Henriette Mayer van den Bergh hatte sich nach dem Tode ihres Sohnes zur Aufgabe gemacht, dessen Traum von einem Museum für dessen Sammlung umzusetzen. Sie ließ das Museum um die Sammlung herum entstehen und konnte am 17. Dezember 1904 mit dem Museum Mayer van den Bergh des weltweit erste Privatmuseum für Kunst eröffnen. Ab 1928 war das Haus endgültig für jedermann offen und ermöglichte der Öffentlichkeit ohne jede Einschränkung den Besuch der Sammlung.

Ein gemeinnütziger Verein verwaltete nach den Tode von Henriette Mayer van den Bergh das Haus und die mehr als 3.000 Kunstgegenstände umfassende Sammlung, die 1956 in städtische Hände übergeben wurde.

Renommierte Sammlung

Das Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen ist auf internationaler Ebene heute hoch angesehen und wird in einem Atemzug mit ähnlichen Sammlungen, wie dem Museum Jacquemart in Paris, der Wallace Collection in London oder der Frick Collection in New York genannt. Renommierte Häuser aus aller Welt leihen regelmäßig dort Kunstwerke für ihre Ausstellungskonzepte aus.

Um die Sammlung Mayer van den Bergh in Augenschein nehmen zu können, braucht man natürlich sehr viel Zeit. Sich diese Zeit nehmen zu können, lohnt sich vor allem für ein Fachpublikum. Doch auch eine Stippvisite kann sich lohnen. Dazu haben die heutigen Museumsmacher eine gelungene „Quick Tour“ zusammengestellt, die anhand von 10 Werken einen sehr guten Überblick über die Sammlung von Fritz Mayer van den Bergh bietet.

Dabei sind zum Beispiel die „Zwei Säulen“ aus einem längst verschwundenen Kloster in Châlons-en-Champagne in Frankreich, die in der Zeit zwischen 1170 und 1180 entstanden sein könnten. Diese Stücke entstammen der oben erwähnten Sammlung Micheli und haben heute eine Schlüsselrolle innerhalb der Entwicklung der Bildhauerei in Europa inne.

Bruegel der Ältere

Das Museum Mayer van den Bergh ist das einzige Museum in Flandern, das Werke von Pieter Bruegel dem Älteren sein eigen nennen darf. Fritz Mayer van den Bergh war wohl einer der ersten Sammler und Kunstkenner seiner Zeit, die den künstlerischen Wert der Arbeit dieses Künstlers erkannten. Im Museum sind gleich mehrere seiner Werke zu erleben: Das apokalyptisch anmutende Gemälde „Dulle Griet“ aus dem Jahr 1561 und die „Zwölf Sprüche auf Tellern“ aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Erstaunlich ist auch die Figurengruppe „Die Gefangennahme des Christus“ aus dem 14. Jahrhundert, ein spätgotischer Alabaster, der Teil eines Retabels zur Leidensgeschichte Jesu ist. Ein ebenfalls besonderes Werk ist „Maria Lactans“ eines Nachahmers von Rogier van der Weyden (1399/1400-1464). Van der Weyden war als Maler Vorbild für viele weitere damalige Künstler. Das Werk zeigt Maria, die ihrem Sohn Jesus die Brust gibt. Dieser trägt in einer Hand einen Apfel, was Fachleute als Hinweis auf den Sündenfall von Adam und Eva deuten. Solche Bilder wurden damals in großer Zahl als Dekoration für Privatwohnungen angefertigt und dementsprechend oft kopiert.

Dieser kleine Überblick über einige wenige Schlüsselwerke dieser umfangreichen Sammlung soll als Anregung gelten, bei einem Besuch in Antwerpen auch mal abseits von Rubenshaus oder vom Museum am Strom aktiv zu werden. Die Sammlung Mayer van den Bergh im gleichnamigen Museum ist absolut einen Besuch wert und gehört mit Sicherheit zu den Top-Locations in Sachen Kunst(geschichte) in Antwerpen und in Flandern allgemein. Etwas mehr Bekanntheit würde dem Haus sicher gut tun. Lassen Sie sich drauf ein!

Infos

Das Museum Mayer van den Bergh liegt unweit des Rubenshauses und des Antwerpener Theaterviertels direkt neben dem Distrikt-Haus des Stadtzentrums. Allerdings ist eine gute Stadtkarte zu empfehlen oder ein Navigationsgerät, denn die touristischen kommunalen Wegweiser, die zum Museum hinführen sollen, sind irreführend…

Vor oder nach dem Besuch dieses Museums empfiehlt sich mit Sicherheit auch ein Spaziergang durch das Viertel mit seinen Terrassen, Kneipen und Restaurants oder historischen Gebäuden.

Museum Mayer van den Bergh

Lange Gasthuisstraat 19,
B-2000 Antwerpen
Geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr
www.museummayervandenbergh.be

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