Belgiens Staatsbahn soll leistungsfähiger werden

Bahnchef Jo Cornu und die belgische Mitte-Rechts-Regierung sind sich einig: Die Bahngesellschaft NMBS/SNCB muss moderner und leistungsfähiger werden. Nach eigenen Angaben drängt die Regierung die Bahn zu mehr Leistungsfähigkeit. Die Bahn will im Zuge dessen Fahrpreise anpassen, Bahnhöfe schließen und gleichzeitig das Angebot verbessern.

Die Bahnreisenden können sich schon jetzt auf höhere Fahrpreise vorbereiten, denn Bahnchef Jo Cornu hat eine Studie anfertigen lassen, die die Leistungsfähigkeit seiner Bahn mit der anderer europäischer Staaten vergleicht. Und siehe da: Belgien ist auf Ebene der Fahrpreise um rund ein Drittel günstiger, als andere Eisenbahngesellschaften in der EU.

Angesichts der Tatsache, dass die belgische Staatsbahn auf Regierungsgeheiß bis 2019 rund 600 Mio. € einsparen muss, sieht der Bahnchef im Bereich der Fahrkarten eine sich lohnende Einnahmequelle, die sich ausbauen lässt. Das Rezept könnte höhere Tarife zu Spitzenfahr- oder Stoßzeiten bedeuten.

Eine zweite Spar- bzw. Einnahmemöglichkeit wird wohl die Schließung von mit Personal besetzten Schaltern an kleineren Bahnhöfen sein, die durch Fahrkartenautomaten zu ersetzen sind. Innerhalb von nur zwei Jahren sanken die Einnahmen, die durch den Verkauf von Fahrkarten am Schalter zustande kamen von 72 % auf 57 %.

Der Rest wird am Fahrkartenautomaten gekauft oder online gebucht. Schon im Juli dieses Jahres werden 33 Schalter in Bahnhöfen geschlossen und im Laufe des kommenden Jahres folgen weitere 10 Stationen, die ab dann nur noch Fahrkartenautomaten anbieten. Diese stoßen aber schon jetzt auf herbe Kritik, denn sie nehmen nur Kleingeld oder Kartenzahlungen an. Probleme entstehen, wenn die Automaten nicht funktionieren oder wenn die Kleingeldaufnahme voll ist, denn das Nachlösen im Zug kostet automatisch 7 € Aufschlag…

Das Bahnpersonal soll mehr leisten

Auch in einem weiteren Punkt, die Leistungsfähigkeit zu steigern, sind sich der Bahnchef und die Politik einig: Die Eisenbahner selbst sollen mehr leisten. Dazu stehen derzeit viele Personalbereiche auf dem Prüfstand. Bahnchef Cornu will sich in diesem Punkt mit den Gewerkschaften an einen Tisch setzen. Im kommenden Monat soll eine entsprechende Reaktion der Bahngesellschaft NMBS/SNCB auf die verschiedenen Studien und Audits folgen. Währenddessen fordern die Vizepremierminister der belgischen Mitte-Rechts-Regierung mehr Tempo. Bundesverkehrsministerin Jacqueline Galant (MR) ist also ebenfalls gefordert.

Öl aufs Feuer gießt auch hier die vergleichende europäische Studie des Bahnchefs. In Belgien ist jeder gefahrene Bahnkilometer offenbar 9 % teurer, als im europäischen Durchschnitt. Das wiederum liegt auch an den hohen Trassenpreisen, die die bahneigene Infrastrukturgesellschaft Infrabel von der Holding verlangt. Doch das ist wieder eine andere Baustelle bei der Bahn, denn da kommen auch die weiterführende Öffnung des Bahnverkehrs für Dritte und entsprechende Investierungen oder gar zu generierende weitere Einkommen ins Spiel…

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