Immer mehr "Ärzte-Hoppings" nach Deutschland

Seit 2011 haben sich 20 Prozent mehr Belgier in ein anderes europäisches Mitgliedsland begeben, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Das geht aus einer Statistik der unabhängigen Krankenkassen hervor, die an diesem Freitag veröffentlicht wurde.

Viele Belgier nutzten vor allem das medizinische Angebot in den Nachbarländern von Belgien. Deutschland ist dabei beliebtestes Ziel.

Der Belgier ist aber nicht immer gut über seine Rückerstattungsrechte, die er bei medizinischen Behandlungen geltend machen kann, informiert.

2014 haben 3.445 Belgier einen Arzt auf der anderen Seite der Grenze aufgesucht oder Arznei im Nachbarland gekauft (+5 Prozent). Es handelt sich vor allem um ambulante Behandlungen. Hierfür ist keine vorherige Zustimmung der Krankenkasse nötig.

Belgier, die im Ausland einen Arzt oder eine Klinik aufsuchen müssen, weil sie unerwartet krank geworden sind, sollten von ihrer Europäischen Krankenversicherungskarte Gebrauch machen. Die örtliche Krankenkasse muss auf Anfrage eine Europäische Krankenversicherungskarte oder andernfalls eine provisorische Ersatzbescheinigung, wenn die Karte nicht sofort verfügbar ist, ausstellen (Infos zur Europäischen Krankenversicherungskarte: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=563&langId=de#nationalinfo).

In 8 von 10 Fällen zum Arzt nach Deutschland

Letztes Jahr sind der Studie zufolge insgesamt 10.339 Krankenakten für das Ausland registriert worden. In knapp acht von zehn Fällen handelt es sich um Belgier die in Deutschland medizinische Hilfe in Anspruch genommen haben.

Das liegt vor allem an dem grenzüberschereitenden Projekt IZOM, das seit dem Jahr 2000 belgischen Versicherungsnehmern in den Provinzen Limburg und Lüttich die Möglichkeit gibt, mit einem Sonderformular ausländische Spezialisten im niederländischen und deutschen Grenzraum aufzusuchen.

Insbesondere Menschen aus den Ostkantonen nutzten diese Möglichkeit zum einen wegen der Sprache und zum anderen wegen der kurzen Distanz.

Die "Ärzte-Wallfahrt" in andere Nachbarländer ist wesentlich kleiner. 11 Prozent der Belgier ließen sich 2014 in Frankreich behandeln, nur 5 Prozent suchte in den Niederlanden einen Arzt auf und nur 5 Prozent in Luxemburg.

Laut Eurobarometer denkt 67 Prozent der Belgier, Recht auf eine Rückerstattung der medizinischen Behandlung im Ausland zu haben.

Die Realität sei etwas differenzierter, betont Christian Horemans, Fachmann für internationale Angelegenheiten der Unabhängigen Krankenkassen.

"Aus unserer Analyse geht hervor, dass jemand, der sich ohne der Zustimmung der Krankenkasse im Ausland hat behandeln lassen und hinterher eine Rückerstattung verlangt, im Durchschnitt nur ein Drittel der medizinischen Kosten erstattet bekommt. Der Rest der Rechung geht zu Lasten des Versicherten. Man sollte sich also vorher bei der Krankenkasse informieren, lautet der Rat von Horemans.

Die Europäische Krankenversicherungskarte deckt übrigens nicht die Kosten, wenn die Person speziell zum Zweck einer medizinischen Behandlung eine Reise unternommen hat. Die Europäische Krankenversicherungskarte ist auch kein Ersatz für eine Reiseversicherung und sie garantiert keine kostenlose Behandlung.

Allerdings, so heißt es auf der Webseite der Europäischen Kommission: Bei der europäischen Krankenversicherungskarte habe der Patient Anspruch auf medizinisch notwendige Leistungen des öffentlichen Gesundheitswesens – zu denselben Bedingungen und Kosten (in einigen Ländern kostenlos) wie die Versicherten des jeweiligen Landes.

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