Henri Cartier-Bresson: Ein fotografisches Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Fotografie und der französische Fotograf Henri Cartier-Bresson (1908-2004) steht wie kaum ein Zweiter für diese Feststellung. Das Jüdische Museum von Belgien in Brüssel widmet diesem Jahrhundertfotografen eine umfassende Ausstellung mit 133 Fotos aus dessen gesamter Schaffenszeit.
Berliner Mauer, West-Deutschland, 1962 - Henri Cartier-Bresson/Magum Photos

Henri Cartier-Bresson kam 1908 zur Welt und schon in den 20er Jahren begann er die Welt um sich herum zu observieren und zu fotografieren. Seine Reisen führten ihn um die ganze Welt und überall dokumentierte er die Ereignisse auf seine ureigene teils poetische, teils aber auch unverhohlene Weise. Dabei erlebte und fotografierte Cartier-Bresson auch politisch weltumspannende Erlebnisse, wie den spanischen Bürgerkrieg, die Befreiung von Paris von den Nazis, die letzten Stunden im Leben Gandhis, die kommunistische Machtübernahme in China oder die Studentenbewegung in den 60er Jahren.

Ganz nebenbei assistierte Henri Cartier-Bresson dem Regisseur Jean Renoir bei einigen seiner Filme und er war Mitbegründer der bis heute hoch angesehenen Fotoagentur Magnum. Nicht zuletzt gehören seine Portraits von Künstlern, wie Giacometti, Sarte, Faulkner, Matisse oder Camus zu den Ikonen der Fotografie des vergangenen Jahrhunderts. Eines seiner Hauptthemen war auch der soziale Aspekt der Gesellschaft im 20. Jahrhundert.

Aber, immer überzeugten seine Beobachtungsgabe und seine Bildkomposition auch mit poetischen oder gar surrealistischen Sichtweisen und seine unnachahmliche Fähigkeit, Situationen bildlich so einzufangen, dass der Betrachter immer wieder staunen muss, machen Cartier-Bresson zu einem der wichtigsten Vertreter der Fotokunst überhaupt. All dies vermag die Ausstellung im Jüdischen Museum eindrucksvoll zu vermitteln.

Die dort zu sehenden 133 Schwarz-Weiß-Fotos bieten einen eindrucksvollen Überblick über das gesamte Schaffen des Großmeisters der Fotografie und lassen auch einige seiner weltbekannten Bilder sehen, z.B. den unscharf aufgenommenen Bildhauer Alberto Giacometti inmitten einiger seiner Werke 1961 in einer Pariser Galerie oder den sich in einer Riesenpfütze spiegelnden springenden Mann vor dem Bahnhof Saint-Lazare in Paris 1932, den auch das Ausstellungsplakat zeigt.

Warum Henri Cartier-Bresson im Jüdischen Museum?

Pascale Falek Aldhaeff, die Konservatorin des Jüdischen Museums und Kuratorin der Cartier-Bresson-Ausstellung in ihrem Hause wunderte sich nicht über diese Frage, denn sie wird ihr in diesen Tagen häufig gestellt. Für sie ist das Jüdische Museum in Brüssel, gerade auch nach dem Anschlag vom 24. Mai 2014, bei dem vier Menschen ums Leben kamen, ein offenes Haus, ein Haus der Kulturen. Cartier-Bresson ist selbst kein Jude. Einige seiner Fotografenkollegen bei der Agentur Magnum aber wohl, z.B. der Kriegsfotograf Robert Capa (1913-1954), doch dies spielte bei der Möglichkeit, Cartier-Bresson auszustellen keine Rolle.

Es geht dem Museum und seiner Kuratorin Falek Aldhaeff vielmehr darum, das Werk eines Fotografen zu zeigen, der quasi ein gesamtes Jahrhundert auf Platte gebrannt hat. Das 20. Jahrhundert ist nicht zuletzt auch für die jüdische Gemeinschaft dieser Welt ein Schicksalsjahrhundert. Und eben Henri Cartier-Bresson gehört zu denen, die dieses Jahrhundert fotografisch dokumentiert haben. Nicht zuletzt hat der Franzose die ganze Welt und alle Kontinente bereist und überall Bilder gemacht.

Cartier-Bresson ist bei weitem nicht der einzige nichtjüdische Künstler, den das Jüdische Museum von Belgien in Brüssel ausstellt und es wird auch nicht der letzte sein, denn nach der Schließung des Hauses für Umbauten für die kommenden beiden Jahre will das Haus wieder an seine bisher so eindrucksvoll bewiesene Weltoffenheit anknüpfen.

Henri Cartier-Bresson - Fotograf

Noch bis zum 24. August 2015

Jüdisches Museum von Belgien

Minimenstraat 21, 1000 Brüssel

Info: www.mjb-jmb.org

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