Studientag: Auch in Belgien kommen Kinderehen vor

Hochzeiten und Zwangsheiraten von Kindern sind nicht nur umstrittene Vorkommnisse in Entwicklungsländern. Kinderehen kommen auch in unseren Breitengraden vor. In Belgien kommen Zwangshochzeiten von Minderjährigen zwar selten vor, aber sie existieren. Und die Behörden sind mit dem Thema wohl überfordert.

Im Rahmen eines Studientages zu diesem Thema, der am Dienstag in der Universität von Gent stattfand, stellte sich heraus, dass solche Vorfälle kaum an die Öffentlichkeit kommen, weil sie nicht gemeldet werden und wenn ein solcher Fall bekannt wird, dann wissen selbst die Behörden nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Der Studientag ist eine Veranstaltung des Instituts für die Gleichheit von Männern und Frauen, von Plan Belgien und der Forschungsgruppe International Centre for Reproductive Health (ICRH) an der Universität Gent (UGent).

ICRH-Vizedirektorin Lisbeth Stevens sagte, dass das Thema Kinderehe zu Unrecht nur als eine archaische Praxis angesehen wird, denn alleine in Brüssel würden jährlich etwa 10 Fälle bekannt und auch in Gent könnte es pro Jahr zu 5 bis 10 Zwangsehen mit Minderjährigen kommen. Vor allem bei Einwandererfamilien aus Afghanistan oder bei Roma komme es vor, dass Kinder verheiratet würden.

Manchmal werden solche Zwangsverheiratungen bekannt, weil Jugendliche - fast immer Mädchen - in der Schule angeben, dass sie heiraten müssen. Doch nach Erkenntnissen der an dem Studientag teilnehmenden Einrichtungen seien bereits die betroffenen Lehrpersonen damit überfordert. Aus diesem Grunde hätte das Bekanntwerden von Kinderehen auch nur selten Folgen und den Opfern käme keine Hilfe zugute.

Eine Strategie oder eine entsprechende gesetzliche Regelung gegen Kinderehen oder Zwangsverheiratungen von Minderjährigen gibt es in Belgien eigentlich nicht. Und die Tatsache, dass diese Vorfälle stets innerhalb der betroffenen Gemeinschaften stattfinden, sorge dafür, dass das belgische Strafrecht hier nicht zum Tragen komme, so die allgemeine Erkenntnis.

Das International Centre for Reproductive Health (ICRH) will das Problem in einer Studie vertiefen, um den verschiedenen Regierungsinstanzen im Land Vorschläge für einen nationalen Aktionsplan unterbreiten zu können.

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