In Brüssel fährt eine deutsche Luxusautomarke mit Kunst auf!

Am 21. Januar eröffnet das deutsche Autohaus BMW in seiner Niederlassung in Brüssel auf 1.600 m² eine Kunstausstellungs-Reihe, die "Art and Design Sessions 2015" mit dem belgischen Fotografen Marc Lagrange. Kunst und Autos an einem Ort: Eine deutsche Automarke versucht mit Kunst in seiner Brüsseler Niederlassung finanzstarke Kunden anzulocken – nach dem Motto sinnlich beim Autokauf? Was steckt dahinter? Flanderninfo.be hat über das noble Kundenevent mit einem der beiden eigens von BMW hierfür angeheuerten Kuratoren, der Britin und Kanadierin Stephanie Manasseh (40) ein Interview (via E-Mail) geführt.

Flanderninfo.be: Kulturelle Engagements seitens BMW sind ja nicht neu. Auch Kunst in der Werbung oder Werbung als Kunst und Kunst als Marketinginstrument ist nichts neues. Doch das luxuriöse BMW Autohaus in Brüssel hat jetzt sogar zwei eigene Kuratoren angestellt, darunter Sie selbst, die das neue Jahr gleich mit einer ganzen Kunst und Design-Reihe auf 1.600 m² großen Verkaufsräumen einläuten sollen. Stephanie Manasseh, Sie sind die Gründerin der Accessible Art Fair, also einer Art Plattform für erschwingliche Kunst und eine der beiden neuen Kuratoren von BMW. Was wird in den riesigen Ausstellungsräumen von BMW in Brüssel künftig im Mittelpunkt stehen: Das Auto oder die Kunst? Und Warum?

Stephanie Manasseh: Vielen Dank für die einleitenden Worte. Ich bin wirklich sehr froh, dass ich als Kuratorin für BMW Brand store in Brüssel tätig sein darf. BMW Brand store hat wundervolle Räumlichkeiten.

Der Brand store Manager, Alexandre Hauben, hat mich nach der Accessible Art-Messe im Oktober 2014 mit der brillanten Idee angesprochen, monatlich Kunstveranstaltungen in diese Räumlichkeiten zu holen. Nach einigem Brainstorming ist "Art and Design Sessions" entstanden! Bei diesen "Art and Design Sessions" werden wir eine sorgfältig ausgewählte Gruppe von Nachwuchskünstlern, Designern und einige große Künstlernamen präsentieren. Die Idee ist, dass die Leute diese Künstler und Designer entdecken oder wiederentdecken. Natürlich ist das ein Autohaus, aber einmal im Monat wird es auch zum Ort der Kunst und des Designs.

Und, nur um das klar zu stellen, das Ziel der "Accessible Art Fair" ist nicht, Kunst erschwinglich, sondern eher, sie zugänglich zu machen. Den Leuten den Zugang zu Künstlern ermöglichen, die sie sonst nicht unbedingt entdeckt hätten. Wir haben gewissermaßen diesen Zugang zur Kunst während unserer "Art and Design Sessions" auf den Brand store ausgeweitet.

Welche Verkaufspsychologie steckt dahinter? Soll der finanzstarke Kunde mal eben, beim Autokauf auch noch ein Kunstwerk mitkaufen? Oder sich beim Ausstellungsbesuch auch gleich noch ein neues Luxusauto aussuchen? Oder soll das Produkt Auto von einer Aura des Höheren umgeben werden?

Das Konzept heißt "Art and Design Sessions" und die Idee dahinter ist, einmal im Monat talentierte Künstler und Designer zu präsentieren. BMW hatte schon immer eine Verbindung zur Kunst und hat Kunst, Design und Innovation auf verschiedene Arten gefördert. Ich denke, unser Projekt ist eine Erweiterung dieser Förderung und kein Mittel, um Autos zu verkaufen.

Im Grunde ist ihr Brand store kein Autohaus, um Autos zu verkaufen, sondern eher ein Raum, der der Ausstellung von Innovation und Design gewidmet ist, inklusive ihrer neuesten Technologien sowie Veranstaltungen, die sie unterstützen wie unsere „Art and Design Sessions“.

Kunst als reine Ware und hier auch noch als Lockmittel für eine Automarke. Kunstliebhaber könnten auf die Barrikaden gehen. Was sagen Sie möglichen kritischen Stimmen?

Ich denke, dass die Aufgabe der "Art and Design Sessions" bei BMW die Förderung der Kunst ist. Viele Marken schließen sich allerlei Veranstaltungen an. Kritik wird es immer geben, aber in diesem Fall verstehe ich nicht, wie Leute die Idee, bei einem breiteren Publikum für Kunst und Künstler zu werben, kritisieren können.

Der erste Künstler, der zur Eröffnung der Kunst und Design Sessions 2015 im Autohaus BMW in Brüssel ausstellen wird, ist der bekannte belgische Aktfotograf Marc Lagrange. Seine Fotografien sind erotisch. Wird hier also doch wieder auf das alte Klischee "Schöne Frauen und schnelle Autos“ zurückgegriffen?

Wir sind begeistert, dass wir mit einem in der belgischen und internationalen Kunstszene so wichtigen Fotografen zusammenarbeiten werden. Marc Lagrange hat viele Jahre Erfahrung hinter sich. Seine Arbeit ist sinnlich und evokativ und zelebriert die weibliche Form.

Ich denke, er drückt in keiner Weise irgendeine Obszönität oder ein Klischee "schneller Autos und nackter Frauen" aus. Auf so etwas reagiere ich sehr empfindlich und würde niemals einen Künstler auswählen, der diese Klischees bedient. Ich bin sogar froh, dass es uns möglich ist, die weibliche Form auf künstlerische Weise zeigen zu können, ohne dass das sexualisiert wird.

Nach welchen Kriterien haben Sie denn die anderen Künstler ausgesucht? Ich habe in der Pressemitteilung der "Art and Design Sessions" zum Beispiel auch Namen wie François Debrigode (?), Xavier Lust, Paolo Pellizari für Ausstellungen 2015 bei BMW gesehen. Können Sie einige Worte zu Ihrer Wahl und den Künstlern sagen?

Zusammen mit dem Brand Store Manager Alexandre Hauben und dem Ko-Kurator Pascal Young habe ich eine Auswahl aufstrebender Künstler und Designer von der Accessible Art Fair und einiger bekannter etablierter Künstler zusammengestellt, die in den kommenden Monaten in der Young Galerie ausstellen werden.

Da 12 Ausstellungen zu organisieren sind, war die Auswahl schwierig, aber ich muss sagen, dass ich stolz auf diese Auswahl für die "Art and Design Sessions 2015" bin.

Einige beachtliche aufkommende Künstler, die ausstellen werden, sind Pedro Correa, Gordon Hopkins und Yann Guitton. Wir werden auch einige junge Designer mit einschließen, die neben den Künstlern ausstellen werden wie Jun Gobron, Linadura und Gaulthier Poulain.

Immer mehr Automarken und Unternehmen scheinen Kunstausstellungen als Marketingschlager zu entdecken. Wie sieht der Trend in Belgien aus? Gibt es noch andere Autohäuser, die das machen? Ist das bei BMW in Belgien eine Première?

Ich kann nicht wirklich etwas über die anderen Autohersteller sagen, aber BMW hatte schon immer eine Bindung zur Kunst, zu Design und Innovation. Ich halte es für eine natürliche Entwicklung, den Einfluss ihrer starken Marke zu nutzen, um Künstler zu fördern. Das ist doch eine schöne Kombination!

Vielen Dank, Frau Manasseh, für das Interview!

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