De Wever: "Faktische Apartheid nimmt zu"

Nach Ansicht von Bart De Wever (Foto links), Bürgermeister von Antwerpen und Vorsitzender der flämischen Nationaldemokraten N-VA, müsse man in den Städten Belgiens gegen eine „faktische Apartheid“ kämpfen. Im Rahmen der neuen Sendereihe „Bürgermeistermarathon“ des VRT-Senders Radio 2 anlässlich der Kommunalwahlen in diesem Jahr, sagte De Wever, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen nebeneinanderher leben würden und in Flandern gebe es Events, „die zu 100 % weiß sind“.

In seiner Stadt Antwerpen z.B. würden Menschen aus 175 Ländern leben, so Bürgermeister Bart De Wever: „Das ist dort in Antwerpen eine sehr komplexe Angelegenheit, wo viele Menschen verschiedenen Ursprungs zusammenleben. Wenn irgendwo auf der Welt ein Problem auftaucht, können sie Gift darauf nehmen, dass das in unseren Straßen Folgen hat.“

Der flämische Nationaldemokrat sieht darin eine leichte Tendenz hin zu einer „faktischen Apartheid“, die in den Städten deutlich zunehme: „Gruppen von Menschen leben nebeneinanderher, heiraten fast nie untereinander und besuchen selten gegenseitig ihre Feiern. Sie leben zwar in Frieden zusammen, aber eigentlich in Apartheid.“

Kultur

Dies sehe man besonders dann, wenn es um Kulturpartizipation gehe oder um die Teilnahme am öffentlichen Leben: „Es gibt Events, die zu fast 100 % weiß sind.“ Als Beispiel führte Bart De Wever den Marathon zu Gunsten der Aktion „Music for Life“ in seiner Stadt im Dezember an. Hier mache niemand der jugendlichen Einwanderer einen Link hin: „Die Leute leben echt in Röhren und fühlen sich nicht ausreichend verbunden.“

Der Grund für diese Tatsache sei in einer Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik zu suchen, die jahrelang in die falsche Richtung geführt habe. Nach Ansicht De Wevers müsse man als Stadtverwaltung versuchen, „eine Plattform für Bürgerschaft zu schaffen, in der sich Menschen gegenseitig noch als Spieler für die gleiche Mannschaft erkennen können.“ Dabei sollten die Werte der Aufklärung als Kompass dienen.

"Music for Life" kontert

Jan Van Biesen (kl. Foto), Chefredakteur des VRT-Rock- und Pop-Senders Studio Brussel, der „Music for Life“ aus der Taufe gehoben hat und seit Jahren organisiert, kontert. Er wundert sich darüber, dass Bart De Wever ausgerechnet den „Warmathon“ seiner Aktion als Beispiel für eine rein weiße Veranstaltung gewählt hat: "Wenn ein Event in Flandern zu 100 % von jedem und für jeden ist, dann ist es die ‚wärmste Woche‘ von Music for Life."

"Der Kern unserer Initiative ist, dass man kaum offener und demokratischer sein kann. (…) Das das am meisten inklusive Event seiner Art und in dieser Größe. (…) Ich kenne keine Veranstaltung von diesem Umfang, wo ein derartiger Mix zwischen Alt und Jung, zwischen krank und gesund, zwischen farbig oder weiß zu finden ist. Da bin ich sehr stolz drauf. (…) Wir versuchen, die Diversität so viel wie möglich zu zeigen und wir müssen das noch nicht mal forcieren."

© VRT Lies Willaert

Auch kritik von politischer Seite

Die parteilose Politikerin Jinnih Beels, die bei den Kommunalwahlen in Antwerpen für die flämischen Sozialisten SP.A kandidieren wird, ist der Ansicht, dass sich die Gesellschaft aufgrund der auch von Bart De Wever und seiner N-VA geführten Integrationspolitik auseinanderlebe. Sie erinnerte an die Krawalle von Borgerhout, auf die der Bürgermeister lediglich stigmatisierend reagiert habe und sich bis heute nicht mit der Jugend in diesem Problemviertel auseinandersetzen würde: „Zuerst muss die Politik inklusiv vorgehen. Erst dann kann man Partizipation erwarten.“

Wouter Van Besien, der Bürgermeisterkandidat der flämischen Grünen (Groen), meldete sich ebenfalls zu Wort. Seit neun Jahren sei die N-VA für die Integrationspolitik in Antwerpen zuständig und dies stehe vor allem im Zeichen von Einsparungen und nicht von Resultaten: „Viele Antwerpener nehmen selbst die Initiative, um die drohende Kluft zu überbrücken. Sie vermissen Anerkennung und Unterstützung von Seiten dieser Stadtverwaltung. (…) Integration ist für eine ausgewogene Gesellschaft essentiell. Es liegt in der Verantwortung der Politik, eine drohende Segregation zu vermeiden.“

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