"Einige Meiler sollten länger am Netz bleiben"

Nach Ansicht von Belgiens Stromnetzbetreiber Elia sollte der Atomausstieg, der für 2025 geplant ist, für einige Kernreaktoren verschoben werden. Andernfalls drohen Energieengpässe und unser Land würde die Klimaziele für 2030 niemals erreichen, wie aus einer von Elia in Auftrag gegebenen Studie ersichtlich ist. Nur mit Milliardeninvestitionen in neue Gaskraftwerke könne Schlimmeres vermieden werden, so der Netzbetreiber.

Belgien müsse zur Garantie der Stromversorgung bis 2025 mindestens 9 neue Gaskraftwerke bauen und mehr Zuschüsse in die Sonnen- und Windenergie fließen lassen, sonst drohen ab 2025 nach dem Atomausstieg Engpässe, warnt Stromnetzbetreiber Elia in einer eigenen Studie.

Nach Ansicht von Elia müssen, um dem gegensteuern zu können, möglicherweise vier der sieben belgischen Atommeiler über 2025 hinaus in Betrieb bleiben. Darunter würde auch mindestens einer der beiden „Haarrisse-Meiler“ Doel 3 oder Tihange 2 sein, hieß es dazu. Ansonsten empfiehlt der Netzbetreiber massiv Sonnen- und Windenergie zu fördern und auf Gaskraftwerke zu setzen.

Problematisch ist allerdings, dass die 17 belgischen Gaskraftwerke Verluste einfahren und bis 2025 sollen sogar 9 von ihnen stillgelegt werden. Wenn gleichzeitig in dem oben genannten Jahr auch die Kernkraftwerke abgeschaltet würden, verliere unser Land auf einen Schlag zwei Drittel seiner Stromproduktion, so die Elia-Studie. Chris Peeters, der CEO von Elia, drängt zur Eile und warnt gleichzeitig auch vor den langen Verfahrens- und Genehmigungswegen.

Vier zuständige Minister und drei mögliche Szenarien

Derzeit verhandeln die vier für Energie und Klima zuständigen Minister in Belgien - Marie-Christine Marghem (MR, Bundesregierung), Bart Tommelein (Open VLD, Flandern), Jean-Luc Crucke (MR - Wallonie) und Céline Fremault (CDH, Region Brüssel-Hauptstadt) - über einen gemeinsamen Energiepakt. Ihnen schlägt Elia drei mögliche Szenarien vor:

Szenario 1: Belgien hält am Atomausstieg für 2025 fest und muss, egal wie, 3.600 Megawatt Stromproduktion ersetzen, was laut Elia nur über mindestens 9 neue Gaskraftwerke (zu den 17 bereits bestehenden Zentralen) möglich sein kann und was schätzungsweise ein Investitionsvolumen von 1 Mia. € pro Jahr zur Folge hat.

Szenario 2: Eine Verlängerung der beiden jüngsten belgischen Atommeiler Doel 4 und Tihange 3 um 10 weitere Jahre nach 2025. Doch auch dann müsse einiges an Kapazitäten bei der Stromproduktion durch Gaskraftwerke oder nachhaltige Energiequellen kompensiert werden.

Szenario 3: Massive Investition in nachhaltige und erneuerbare Energiequellen. Das würde jährliche Investitionen in Höhe von 2,1 Mia. € per anno kosten - fast doppelt so viel, wie Scenario 1 und „hunderte Millionen Euro mehr als Scenario 2“.

Dann doch Atomausstieg?

Bundesenergieministerin Marie-Christine Marghem (MR) hält weiter am Atomausstieg bis 2025 fest und bestellte diesbezüglich eine Studie beim belgischen Energieregulator CREG. Gegenüber VRT NWS gab sie am Mittwoch an, in anderthalb Jahren ein neues System vorzustellen, mit dem die Produktion von nachhaltiger Energie gefördert werden soll.

Flanderns Landesenergieminister Bart Tommelein (Open VLD) will ebenfalls aus der Kernkraft aussteigen und drängt in Sachen Energieplan bei seinen Kolleginnen und Kollegen in Bund und Ländern auf Eile. Tommelein hält sich aber eine Laufzeitverlängerung von einzelnen Meilern mangels Alternativen bis 2025 offen.

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