Bourgeois zu Katalonien: "Ein Schritt zu weit"

Flanderns Ministerpräsident Geert Bourgeois (N-VA - Foto) reagierte entrüstet auf die Reaktion der spanischen Regierung gegen die abgesetzte katalonische Regierung: „Dies lässt an sehr unselige Zeiten zurückdenken.“ Zudem macht sich der flämische Landeschef große Sorgen bezüglich des „Stillschweigens der Europäischen Union“. Seine Partei, die flämischen Nationaldemokraten N-VA, teilte mit, dass Bourgeois hier für sich spreche.

„Ich kann verstehen, dass Madrid mit der Unabhängigkeit Kataloniens nicht einverstanden ist und dass sie die Folgen des Referendums dort nicht akzeptieren. Doch man muss damit stoppen, diesen Konflikt juristisch zu behandeln. Dass man jetzt zur Repression übergeht, im Wesentlichen gegen die freie Meinungsäußerung, geht absolut einen Schritt zu weit“, so Bourgeois in einer Stellungnahme nach dem Antrag einer spanischen Richterin auf Haftbefehl für die Mitglieder der abgesetzten katalonischen Regierung.

Ministerpräsident Bourgeois sieht Parallelen zur diktatorischen Vergangenheit Spaniens: „Die Lösung ist der Dialog. Das bedeutet keine Gewalt, aber an einem Tisch zu sitzen. Es ist auch gut, dass es Wahlen geben wird. Doch gleichzeitig Menschen zu verfolgen und mit Haftstrafen von bis zu 30 Jahren zu bedrohen… Das lässt an sehr unselige Zeiten zurückdenken.“

Der Fall liegt jetzt in den Händen der Justiz, nicht zuletzt, da gegen den abgesetzten katalonischen Ministerpräsidenten Carles Puidgemont, der sich bekanntlich in Brüssel aufhält, ein europäischer Haftbefehl ausgestellt wurde. „Dies wird in unserem Land in vollständiger Unabhängigkeit durch die gerichtlichen Instanzen beurteilt werden müssen. Ich finde nicht, dass wir und als Politik da einmischen müssen.“, so Bourgeois.

"Die Stimme erheben"

Allerdings ist Ministerpräsident Bourgeois der Ansicht, dass Politiker den Mut haben sollten, ihre Stimme gegen die Vorkommnisse in Spanien zu erheben: „Und man sollte sich an die Europäische Union wenden. Ich mache mir Sorgen über das Stillschweigen der EU. Wenn dies eine Europäische Union ist, bei der es nur um den freien Markt geht, eine Europäische Union, die stillschweigend die Belange der Nationalstaaten verteidigt und die nicht den Mut hat, ihre Stimme zu erheben, wenn es darum geht, die freie Meinung zu verteidigen, dann mache ich mit darüber große Sorgen.“

Die Katalanen hätten schon seit dem 14. Jahrhundert Demokratie und jetzt hätten sie ihre feie Meinung geäußert, „und dagegen wird gnadenlose Repression entfesselt. Ich drücke gegenüber dieser Eskalation meine größte Besorgnis aus.“

Der flämische EU-Abgeordnete für die N-VA, Mark Demesmaeker, äußerte diesbezüglich ebenfalls seine Sorge aus und sprach von deutlicher politischer Verfolgung. Gegenüber dem britischen Rundfunk BBC sagte er: „Was wir in den letzten Wochen in Spanien gesehen haben, ist ein Schock für jeden Demokraten in der Europäischen Union. Das Gefangennehmen von gewählten Mitgliedern einer Regierung ist beunruhigend und innerhalb der EU absolut unannehmbar.“

Die belgische Regierung hält sich zurück

Die belgische Bundesregierung hält sich in der Katalonien-Frage deutlich zurück. Auch die N-VA-Minister auf Bundesebene machen sich dazu kaum bemerkbar. Dies hat auch diplomatische Gründe, denn man will in Brüssel keinen weiteren Konflikt in den ohnehin angespannten Beziehungen zu Madrid.

Jetzt, da der spanische Haftbefehl für Carles Puidgemont und seine zwei ihn noch immer begleitenden Ministern in Belgien angekommen ist (wie Puidgemonts belgischer Anwalt Paul Bekaert andeutete), liegt die Sache in Händen der belgischen Justiz. Damit kann die belgische Bundesregierung erst einmal außen vor bleiben, schließlich gilt hier ausdrücklich die Gewaltentrennung.

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