"Katalanen dürfen politisches Asyl anfragen"

Der belgische Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Francken (N-VA), bestätigt, dass Belgien dem abgesetzten katalonischen Ministerpräsidenten Puigdemont politisches Asyl gewähren darf. Mit dieser Aussage hat Francken erneut für entrüstete Reaktionen in Madrid gesorgt. Premierminister Charles Michel (MR) bat Francken kein Öl ins Feuer zu gießen.

In der spanischen Verfassung sind Haftstrafen bis zu 30 Jahre für die Abspaltung als Teilstaat festgeschrieben. Sollte es soweit kommen, kann Belgien eine Lösung für Puigdemont bedeuten, so Staatssekretär Francken.

In Theorie einfach

"Katalanen, die sich politisch bedroht fühlen, dürfen in Belgien Asyl beantragen. Das gilt auch für Ministerpräsident Puigdemont. So ist das Gesetz eben", erläutert Theo Francken.

Belgien ist heute eines der wenigen europäischen Länder, in denen Europäer auch einen Asylantrag stellen können.

Auf die Frage der VRT, ob ein solcher Antrag realistisch sei, verweist Francken auf die Anträge, die in der Vergangenheit von politischen Flüchtlingen aus dem Baskenland bei belgischen Asylbehörden eingereicht worden sind. "Zurzeit haben wir keinen Asylantrag aus Katalonien erhalten, aber es kann schnell gehen. Wir werden sehen, wie sich die Sache in den folgenden Tagen und Stunden entwickelt", so Francken.

In der Praxis eher schwierig

Der Anwalt und Menschrechtsaktivist Paul Bekaert glaubt nicht, dass es einfach ist, Katalanen eventuell politisches Asyl in Belgien zu gewähren.

"Theoretisch können Katalanen Asyl beantragen, aber in der Praxis ist das eher schwierig", reagierte Bekaert (Foto) gegenüber VRT NWS.

Staatssekretär Francken hatte u. a. auf baskische Aktivisten verwiesen, die Asyl in Belgien angefragt hatten. Der Verteidiger des baskischen Paares Moreno-Garcia, das von Spanien wegen seiner Zugehörigkeit zur baskischen Separatismusorganisation ETA verfolgt wurde, muss es wissen: "Leider bekamen Moreno und Garcia kein politisches Asyl."

"Die Genfer Konvention schreibt vor, dass man beweisen muss, dass es im eigenen Land keinen Schutz genießt. Man geht davon aus, dass Spanien ein Rechtsstaat ist, in denen die Gerichte ausreichend Schutz gewähren." Dass Spanien Mitglied der Europäischen Union ist, hilft der Sache sicher nicht.

Es war Paul Bekaert dennoch fast gelungen, den Asylantrag des baskischen Paares genehmigt zu bekommen. Die ganze Sache hatte zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen Belgien und Spanien geführt.

Spanien behält eine Trumpfkarte im Arm, sollten Katalanen in Belgien einen Asylantrag stellen. "Spanien kann jederzeit die Auslieferung seiner Staatsbürger anfragen. Der europäische Haftbefehl kann kaum verweigert werden, wenn die Person kein politisches Asyl genießt."

Premier an Francken: Kein Öl ins Feuer gießen

Der belgische Premierminister Charles Michel war mit der Behauptung von Staatsekretär Theo Francken not amused. In Spanien hatte die Partei von Premierminister Rajoy entrüstet auf die von Francken in Aussicht gestellte Möglichkeit reagiert, dass Puigdemont Asyl in Belgien beantragen könne.

Die Partido Popular nannte Franckens Angebot "inakzeptabel" und verlangte eine rasche Richtigstellung von offizieller Seite.

Über die Presseagentur Belga teilte Premierminister Michel mit, dass Asyl für Puigdemont nicht an der Tagesordnung sei. "Wir wiederholen unseren Aufruf zum Dialog. Ich fordere Theo Francken auf, kein Öl ins Feuer zu gießen."

Auch Vize-Premierminister Alexander De Croo (Open VLD) meldete sich via Twitter zu Wort: "Politisches Asyl in Bezug auf Katalonien ist überhaupt kein Thema. Die Regierung ruft alle in Spanien zum Dialog auf."

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