Flüchtlinge am Brüsseler Fernbusbahnhof

Seit dem Tod eines jungen Flüchtlings aus dem Sudan, der bei dem Versuch, unter dem Fahrwerk eines Flixbusses von Brüssel aus nach Calais oder London zu gelangen, ums Leben kam, ist die Flüchtlingsproblematik in der Umgebung des Brüsseler Nordbahnhofs wieder in den Fokus gerückt. Für auffallend viele minderjährige Flüchtlinge ist die illegale Fahrt an Bord eines Fernbusses die einzige Möglichkeit, nach Großbritannien zu gelangen.

Die VRT-Nachrichtenredaktion hatte sich in der Nacht zum Mittwoch mit versteckter Kamera zur Fernbusstation am Brüsseler Nordbahnhof begeben, um zu beobachten, ob und wie junge Flüchtlinge versuchen, mit Reisebussen auf die britischen Inseln zu gelangen. Trotz des tödlichen Unfalls eines jungen Sudanesen am Wochenende riskieren diese jungen Leute alles, um von dort aus wegzukommen.

„Ich habe zwei Optionen“, sagte ein 17 Jahre alter Jugendlicher aus Afrika den VRT-Kollegen, „entweder ich ergreife diese ultimative Chance oder ich gehe drauf.“ Dies zeigt die Dramatik der Situation vor Ort, eine Situation, die von den Behörden unterschätzt wird.

In diesen Tagen halten sich hunderte junge bis sehr junge Flüchtlinge, manche sind erst 14 Jahre alt, am und im Brüsseler Nordbahnhof oder im nahegelegenen Maximilianpark auf. Sie alle haben eine gemeinsame Geschichte und ein gemeinsames Ziel. Die meisten von ihnen kommen aus afrikanischen Ländern, wie Sudan, Eritrea oder Äthiopien und gelangten über Libyen und das Mittelmeer nach Italien.

Dort wurden sie registriert und deshalb können sie nirgendwo anders um Asyl bitten. Doch das interessiert sie auch nicht. Ihr Ziel ist Großbritannien, ein Land, in dem vermeintlich kein Ausweiszwang gilt und in dem nach Angaben von Schleppern und Menschenschmugglern „Milch und Honig fließt“ und in dem massig Jobs zur Verfügung stehen.

Brüssel ist hier nur ein Zwischenstopp und die Gegend um den Nordbahnhof zwischen den Stadtteilen Schaarbeek und Sint-Joost-ten-Noode entwickelt sich einmal mehr in dieser Hinsicht zum „Hotspot“. Im Maximilianpark in der Nähe des Ausländeramtes und in der direktem Umgebung des Nordbahnhof entstehen illegale Nachtlager, in denen Hilfsorganisationen und Bürgerinitiativen teilweise hunderte Mahlzeiten verteilen.

Und will die Weiterreise nach England oder besser noch nach London nicht gelingen, hofft man auf ein Unterkommen in der „EU-Hauptstadt Brüssel“, die als sicher angesehen wird. Doch einmal hier aufgegriffen, werden die jungen Afrikaner nach Italien zurückgebracht, wo sie registriert sind.

Keine zusätzlichen Polizeikontrollen

Die von Brüssel-Nord aus operierenden Fernbusgesellschaften, wie Flixbus oder Eurolines, fordern nicht erst seit dem tödlichen Unfall am Wochenende (siehe nebenstehenden Beitrag) mehr Kontrollen durch die Brüsseler Polizei. Einige arbeiten bereits mit privaten Wachleuten, um Flüchtlinge davon abzuhalten, irgendwie in einen ihrer Busse zu gelangen. Und dies ist offensichtlich ganz im Sinne der Polizei.

Bei der Lokalpolizei in Brüssel-Nord heißt es dazu schlicht und einfach: „Die Busunternehmen sind selbst für die Sicherheit verantwortlich.“ Zwar patrouillieren die Polizisten im und um den Bahnhof herum fast permanent und in Absprache mit Soldaten, Bundespolizisten und Bahnpolizei (auch und gerade in Sachen Terrorabwehr), doch sie „kümmert sich um die Sicherheit von allen.“

Man könne nicht jeden einzelnen kontrollieren, der in einen Bus steigen wolle, so die Polizei. Trotzdem erklärt sich die Polizeizone Nord dazu bereit, gemeinsam mit den Busgesellschaften die Problematik zu erörtern.

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