Publipart: Nebeneinkünfte für Politiker im Fokus

Am Dienstagabend sollte eine Stadtratssitzung in Gent Klarheit zur sogenannten „Publipart-Affäre“ schaffen. Dabei ging es darum, ob die Stadt in einer Interkommunalen sitzen soll oder ob nicht und die Sitzung behandelte die Frage, wie hoch Vergütungen für Kommunalpolitiker sein dürfen, die in solchen Einrichtungen oder in Verwaltungsräten sitzen, bzw. die solche Gremien beraten. Dabei flog der Opposition in Gent ein Bumerang ins Gesicht.

Seit Tagen sorgt die Höhe von Sitzungsgeldern für Kommunalpolitiker in Aufsichtsgremien oder Verwaltungsräten bzw. als Berater von Unternehmen (privat oder der öffentlichen Hand) und Kommunalverbänden in Gent und darüber hinaus für Schlagzeilen und politische Streitereien.

In Gent roch die Opposition Blut, als bekannt wurde, dass einige Stadtverordnete aus der Mehrheit als Mitglieder des Kommunalverbandes Publipart bzw. dessen Tochter, die Finanzierungsgesellschaft Publilec, Vergütungen beziehen. Vor allem der flämische Nationalist Siegfried Bracke (N-VA - kl. Foto), der auch Vorsitzender der Ersten Kammer im belgischen Bundesparlament ist (und damit den höchstbezahlten Politikerjob des Landes innehat), forderte Rücktritte in der Mehrheit.

Doch im Laufe der vergangenen Tage wurde bekannt, dass Bracke, früher Journalist beim VRT-Nachrichtendienst, ebenfalls aus einem solchen Mandat heraus Bezüge erhält. Bracke ist (oder war) externer Berater des privaten Kommunikations- und Medienunternehmens Telenet. Und die daraus erfolgenden Vergütungen hielt der Genter N-VA-Fraktionsführer für seine Privatangelegenheit.

Doch der flämische Sozialist Peter Van Veldthoven (SP.A), selbst Verwalter bei Telenet, zog Bracke einen Strick durch dessen Rechnung, indem er die entsprechenden Summen veröffentlichte (jährlich 12.000 € plus 2.000 € pro Sitzung (ein- oder zweimal pro Jahr)). Prompt twitterte Siegfried Bracke noch während der Stadtratssitzung, dass er sein Amt bei Telenet niederlege. Er wolle nicht „als Geldscheffler“ gelten, denn darum drehe sich seine politische Arbeit nicht.

Kein Ausschuss aber Veröffentlichungen

Zu einem Sonderausschuss Publipart wird es im Genter Stadtrat nicht kommen, denn dies verhinderte die Mehrheit aus Sozialisten, Grünen und Liberalen. Wohl aber wird eine Liste veröffentlicht, auf der alle Mandate von Genter Kommunalpolitikern aufgelistet werden, mitsamt den entsprechenden Vergütungen. Was letztendlich auch dabei herauskommen wird, ist eigentlich egal. Die Politik hat wieder einmal Schaden erlitten und an Ansehen verloren. Wie sich dies auf die Kommunalwahlen in Gent auswirken wird, steht in den Sternen, da jetzt Mehrheit UND Opposition beschädigt sind. Und andernorts in Belgien (in allen Landesteilen) gibt es noch viele Kommunalverbände mit Politikern aus allen Ebenen in den entsprechenden Gremien.

Kritiker fordern jetzt landauf und landab ein Überdenken des Systems ‚Interkommunale‘. Die meisten dieser Gremien haben mit ihren eigentlichen Ziel, für die Städte und Gemeinden gemeinsam günstigere Versorgungswege (Energie, Wasser, Abwasser, Abfall…) zu finden, kaum noch etwas zu tun. Hier wird sehr oft Steuergeld angelegt, was sich leider nicht immer in entsprechenden Gewinnen für die Kommunen äußert…

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