Jetzt hat auch Flandern seinen Finanzskandal

Nach dem Skandal um die Interkommunale Publifin in Lüttich droht jetzt ein ähnliches Szenario in Flandern. Die flämischen Tageszeitungen Het Laatste Nieuws und De Morgen, sowie die Internet-Nachrichtenplattform Apache berichten von überhöhten Sitzungsgeldern und umstrittenen Investitionen und Geldanlagen bei der Publipart, einem halbstaatlichen Tochterunternehmen der Interkommunalen Publilec, an der die Stadt Gent (Foto) 12 % Anteile hat.

Publipart ist eine Aktiengesellschaft, die aus der Genter Interkommunalen Publilec entstanden ist. Eine Interkommunale ist eine Gemeinschaftsgesellschaft aus Städten und Gemeinden zur Bearbeitung gemeinsamer Finanzbelange, z.B. beim Ankauf von Energie oder Wasserversorgung, bei Abfallbeseitigung oder Abwasserklärung und ähnlichem. Der Verwaltungsrat einer solchen Interkommunalen besteht aus Vertretern der Kommunen und von Unternehmen, ist also ein „Konglomerat“ von allerhand Parteien und Interessen.

Bei Publipart besteht der Verwaltungsrat aus 17 Personen, darunter Vertreter aus den flämischen Parteien SP.A (Sozialisten), Open VLD (Liberale) und CD&V (Christdemokraten). Zentrum des Ganzen ist die ostflämische Metropole Gent, doch es gibt hier auch Links zu den flämischen Städten und Gemeinden Oudenburg, Diksmuide und Oud-Heverlee. Im Jahr 2015 haben die Verwaltungsratsmitglieder von Publipart eine Vergütung von insgesamt 360.000 € empfangen, also etwa 19.000 € pro Mitglied. Bei De Morgen und bei Het Laaste Nieuws fragt man sich indessen, wofür? In den Sitzungsprotokollen ist offenbar nichts dazu vermerkt.

Ein weiteres Problem bei Publipart ist auch, dass hier Steuergelder angelegt wurden und dass dabei auch viel Geld „in den Sand gesetzt“ wurde. So verlor die Finanzgesellschaft der Interkommunalen bei der Bankenpleite von Optima in Gent rund 2 Mio. €.

Und Publipart, eine 65%ige Tochter der Interkommunalen Publilec, die wiederum 60 % an Publipart hält, investierte in deutlich umstrittene Unternehmen, z.B. in das deutsche Unternehmen Rheinmetall, eine Gruppe, die laut Medienberichten in Chemiewaffen herstelle. Zudem würde bei Firmen Geld angelegt, die es mit dem Menschenrechten nicht allzu ernst nehmen würde.

Steuergelder

Publilec arbeitet mit einem Grundkapital von 160 Mio. € an Steuergeldern. Und im Verwaltungsrat von Publipart sitzen (oder saßen) zwei Stadtverordnete der Stadt Gent: Finanzschöffe Christophe Peeters (Open VLD) und bis Januar Stadtentwicklungsschöffe Tom Balthazar (SP.A), der Nachfolger von Gents Bürgermeister Daniël Termont (SP.A) werden will.

Derzeit wollen weder die Stadt Gent, noch die Verwaltungsratsmitglieder von Publipart/Publilec zu den Enthüllungen der oben genannten Medien Stellung nehmen. Nach der Optima-Pleite ist dies der zweite Finanzskandal, der die sozialistische flämische Bastion Gent erschüttert.

Gent: "Beschlossen, um auszutreten"

Gents Bürgermeister Daniël Termont (SP.A) gab am Freitagabend im VRT-Magazin "De afsprak op vrijdag" zu verstehen, dass die beiden Stadtverordneten Balthazar und Peeters seit 2014 am Austritt ihrer Stadt aus Publipart/Publilec zu arbeiten. Termont verteidigte dabei seinen Parteikollegen Bathazart, denn dieser arbeitete und verhandelte seitdem viele Tage und Stunden an diesem Austritt. Und er habe bereits 10 Mio. € aus dieser AG für die Stadtkasse herausgeholt.

Bis zum Austritt von Gent aus Publipart/Publilec sollen noch weitere 43 Mio. € in die Stadtkasse fließen. Termont sagte gegenüber der VRT auch, dass Gent nicht als ein Core-Business ansehe, über Interkommunale für die Produktion von Elektrizität zu sorgen.

Inzwischen wurde auch deutlich, dass sich die Wege in den Finanzskandalen in Wallonien und in Flandern kreuzen. Publipart/Publilec hält Anteile an Publifin in Wallonien und das Gegenteil ist ebenfalls der Fall. Und beide Finanzierungsorgane verloren Geld im Rahmen der Optrima-Pleite.

NICOLAS MAETERLINCK

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