"Finanzamt selbst schuld an Milliarden Einnahmeverlusten"

Am 30. Juni sind in Belgien die Einkommenssteuererklärungen fällig. Genau an diesem Tag läuten die Gewerkschaften beim Finanzministerium die Alarmglocke. "Das Finanzamt arbeitet so schlecht, dass der Staatskasse jährlich mehrere Milliarden Steuereinnahmen durch die Lappen gehen", so der Vorwurf der christlichen Gewerkschaft. "Stimmt nicht", wehrt sich das Finanzministerium: "Es wird weniger, aber gründlicher kontrolliert."

"Jedes Jahr stellen wir fest, dass die Steuereinnahmen gesunken sind. Es liegt nicht an der Wirtschaft. Der geht es gar nicht so schlecht. Steuererleichterungen hat es auch keine gegeben. Der Grund ist die Umstrukturierung beim Finanzamt und die sich daraus ergebende Funktionsschwäche", schlussfolgert der christliche Gewerkschaftsführer Marc Nijs.

Statt der gründlichen Steuerprüfung von früher erhalte der Steuerfahnder seine Akten jetzt aus einer Datenbank. Prüfen könne er lediglich jene Aktenstücke, die das System ihm anbiete. Die Ergebnisse seien dramatisch. Obwohl man wisse, dass es nicht funktioniere, habe man dieses Verfahren beibehalten, entrüstet sich der Gewerkschaftsmann.

Davon profitieren insbesondere die Gesellschaften, Unternehmen und Selbstständigen, die eine Kontrolle nicht zu befürchten bräuchten und dies ausnutzten. Das System benachteilige dagegen die Lohn- und Gehaltsempfänger, deren Einkünfte immer klar nachvollziehbar seien.

 

Malaise beim Finanzamt

Dem christlichen Gewerkschaftler zufolge habe man früher Respekt vor der technischen Expertise der Steuerbeamten gezeigt. Es habe Kompetenzprüfungen, Forschungsarbeiten und einen Berufsstolz gegeben. "Diese Einstellung ist vollkommen untergegangen. Wer sich als steuerkundig profiliert, macht sich fast verdächtig."

Weniger, aber effizienter

Das Finanzamt ließ über seinen Sprecher wissen, dass die Steuerprüfungen heute weniger häufig, dafür aber gerichteter seien. Bei jeder Steuernachzahlung, die das Finanzamt fordere, handele es sich um eine Steigung von 60.000 Euro. Die von einer Datenbank verwaltete Auswahl der zu kontrollierenden Personen garantiere eine gleichberechtigte Behandlung aller Bürger. Die Reaktion des Gewerkschaftlers sei vor dem Hintergrund der aktuellen Tarifverhandlungen besser zu verstehen, hieß es noch im Ressort von Finanzminister Van Overtveldt (N-VA):

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