Deutscher Botschafter: "Belgien könnte Reaktoren vorübergehend vom Netz nehmen und Zeichen setzen"

In einem Namensartikel hat der deutsche Botschafter beim Königreich Belgien, Rüdiger Lüdeking, an diesem Dienstag zur europäischen Zusammenarbeit aufgerufen. Gleichzeitig erinnerte er auch an die Wichtigkeit der deutsch-belgischen Zusammenarbeit in unterschiedlichen Bereichen und an die Vereinbarung einer verstärkten bilateralen Zusammenarbeit zwischen den Experten Deutschlands und Belgiens in Sachen Energiepolitik.

"Lassen sie mich angesichts der Medienberichterstattung auch in Deutschland noch eine Anmerkung zur Situation in Belgien nach dem 22. März machen: Die in dem Vorwurf gipfelnde Kritik, Belgien sei ein „failed state“, ist eindeutig überzogen. Belgien ist – dies belegt für mich bereits die aktuelle innenpolitische Auseinandersetzung wie auch die lebendige Presselandschaft Belgiens – ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat, der den Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht zu scheuen braucht", schreibt der bilaterale deutsche Botschafter in Belgien, Rüdiger Lüdeking, in einem Namensartikel an diesem Dienstag und nimmt dabei Belgien gegen das so genannte "Belgien bashing" ausländischer Medien nach den Anschlägen in Brüssel und Zaventem in Schutz.

Auch erwähnt der Botschafter in seinem Namensartikel die Problemreaktoren Tihange 2 und Doel 3 und scheut sich nicht, Belgien dazu zu ermutigen, die Reaktoren bis zur Klärung offener Sicherheitsfragen vorübergehend vom Netz zu nehmen.

Er erinnert daran, dass die Auswirkungen von nuklearen Unfällen nicht an Landesgrenzen halt machten. Es sei daher zu begrüßen, dass bei einem Treffen am 1. Februar der für nukleare Sicherheit in Belgien zuständige Innenminister Jambon und die in Deutschland zuständige Bundesumweltministerin Hendricks eine verstärkte bilaterale Zusammenarbeit zwischen den Experten beider Länder vereinbart hätten.

Wörtlich heißt es in dem Namensartikel weiter: "Am 20. April hat Frau Hendricks die belgische Regierung gebeten, bis zur Klärung offener Sicherheitsfragen die beiden Reaktorblöcke Tihange 2 und Doel 3 vom Netz zu nehmen. In den Druckbehältern beider Reaktoren sind Wasserstoffflocken gefunden worden, ein Fertigungsmangel, der aus Sicht der unabhängigen Experten der deutschen Reaktorsicherheitskommission die Frage aufwirft, ob bei der Annahme einer Störfallbelastung die erforderlichen Sicherheitsmargen bei beiden Reaktorblöcken eingehalten werden. Deshalb sollten aus deutscher Sicht weitere Untersuchungen erfolgen. Bis zum Abschluss dieser Untersuchungen könnte Belgien mit der Entscheidung, die Reaktoren vorübergehend vom Netz zu nehmen, ein Zeichen setzen, dass es die deutschen Sorgen ernst nimmt."

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