"Wir werden uns für das gebotene Schauspiel schämen"

„Eines Tages, wenn wir auf diesen Moment unserer Geschichte zurückblicken, werden wir uns fragen, wie eine solche Verschwendung überhaupt möglich war", kommentiert die Autorin der französischsprachigen Zeitung Le Soir, Béatrice Delvaux, das Griechenlanddebakel. Wie sie, lassen am heutigen Montag zahlreiche weitere belgische Zeitungen ihre Stimme in der Griechenlandkrise hören.

"Wir werden uns für das gebotene Schauspiel - ein Schauspiel der Arena – schämen und für das Unvermögen, eine strategische visionäre Lösung für Griechenland und Europa gefunden zu haben, ohne dabei ständig besessen ein Auge auf die nächste Laufzeit einer Schuldverschreibung gerichtet zu haben“, heißt es in Le Soir.

Persönliche Interessen, Ideologie, Sturheit, Machtspielchen, mangelnde Vision, Stolz: Alles das dominiere seit Wochen die europäischen Bühnen, die sich heute an den Rand des Abgrunds stellten, so Delvaux .

„Umso unverantwortlicher ist dies, angesichts dessen, was in Tunesien passiert ist und in der arabischen Welt, die vom Islamischen Staat (IS) gegeißelt wird. Europa tritt mehr denn je als ein Zufluchtsort auf. Gerade das ist eines der teuersten Schätze für uns Bürger hier, aber auch für so viele andere außerhalb Europas.

Wir sollten deshalb alles tun, um diese Gemeinschaft, die auf den Werten Gleichheit, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit, Wohlstand und Freiheit der Menschen aufgebaut ist, zu halten, appelliert Delvaux in ihrem Artikel an die EU-Verantwortlichen.

Auch die niederländischsprachige Zeitung Het Laatste Nieuws sieht die Schuld an der Misere vor allem bei EU und IWF. „Von Berlin bis Athen wird knallhart gepokert und nicht alles ist so wie es scheint, bis die Laufzeit am 30. Juni verstrichen ist.“ Der IWF gehe mit Griechenland um, wie er das mit Entwicklungsländern gewohnt sei. Wie solle man sonst gewisse Äußerungen von CEO Christine Lagarde werten?, fragt sich das Blatt.

Eigentlich gehe es jedoch längst um einen politischen Konflikt. Man werde den Eindruck nicht los, dass einige der Gläubiger, koste es, was es wolle, die „Kommunisten“ von Syriza loswerden wollten, schreibt Luc Van der Kelen. Dabei vergessen sie, dass der Wahlsieg von Syriza ja gerade das Ergebnis einer Politik europäischer Autokraten à la Dijsselbloem sei, so Het Laatste Nieuws.

De Morgen findet, dass die Politiker immer noch zu sehr als Politiker von Nationalstaaten handelten und weniger als Europäer. Ihre Angst, das Gesicht zu verlieren, sei größer als ihr Wunsch nach Förderung des europäischen Gedankens, schreibt Tine Peeters. Donald Tusk, der Nachfolger von Herman Van Rompuy, scheint Griechenland wenig zu jucken. Die Damen und Herren Merkel, Hollande und Tusk sollten sich beim früheren belgischen Ratspräsidenten Van Rompuy einmal informieren, wie man belgische Kompromisse schmiedet, rät De Morgen.

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