Missbrauch in der Kirche: Erzbischof verurteilt

Erzbischof Léonard, der Primas der katholischen Kirche in Belgien, muss einem Opfer eines pädophilen Priesters 10.000 € Schadensersatz zahlen, weil er seiner Verantwortung nicht gerecht wurde, als das Missbrauchsopfer die Vorfälle anzeigte. Léonard wurde erst in Berufung verurteilt. In einem ersten Verfahren wurde er noch freigesprochen.
Nicolas Maeterlinck

Joël Devillet war Messdiener, als er zwischen seinem 14. und seinem 18. Lebensjahr von einem Priester sexuell missbraucht wurde. Der junge Mann, der eigentlich selbst Priester werden wollte, schwieg jahrelang, weil er davon ausging, dass seine Geschichte seinem Traum ein Ende bereiten würde. Doch 1991 zeigte er die Vorfälle bei André Léonard, der damals noch Bischof von Namür war, an. Dieser jedoch griff nicht ein und der Priester bliebt in seiner Pfarre in einer Ortschaft in der Provinz Luxemburg weiter im Amt.

Erst 10 Jahre später, als Joël Devillet mit seinem Fall vor Gericht zog, sah sich der Bischof gezwungen, den Priester doch noch zu versetzen. Die Missbrauchsfälle waren 2001 nach dem damaligen Stand der Gesetzeslage verjährt und doch wurde der Priester zu einer hohen Schadensersatzzahlung verurteilt. Nach diesem Urteil strengte Devillet ein Verfahren gegen Léonard an, weil dieser den Missbrauchs des verurteilten Priesters mit dem Mäntelchen der Liebe bedeckt hatte.

In erster Instanz wurde der heutige Erzbischof von einem gericht in Namür freigesprochen, auch weil der Priester bereits verurteilt worden war. Doch Joël Devillet ging in Berufung und der Appellationshof von Lüttich gab ihm jetzt Recht. Jetzt muss Erzbischof Léonard dem damals missbrauchten Mann 10.000 € Schadensersatz zahlen.

Doch Devillet ist nicht auf Geld aus, wie er nach der Urteilsverkündung gegenüber den Medien angab, sondern es ging ihm ums Prinzip: „Ich bin zufrieden, weil ich seit neun Jahren auf dieses Urteil gewartet habe. Vor drei Jahren habe ich in Namür noch verloren, weil man sagte, der Priester hat bereits gezahlt, dann muss der Bischof nicht noch einmal zahlen. Ich bin in Berufung gegangen und, voilà, ich habe gewonnen.“

Schwere Vorwürfe gegen das Bistum von Brügge

Der Brief eines jungen Priesters aus der Provinz Westflandern an Jozef De Kesel, den Bischof von Brügge, sorgt in Flandern für Empörung. Der Priester wirft dem Bischof vor, dass sich auch nach dem Fall seines Vorgängers, Bischof Roger Vangheluwe, der sich selbst des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig gemacht hatte, in dem Bistum nichts geändert habe.

Fünf Jahre nach der Entlassung Vangheluwes habe das Bistum Brügge keine Lehren aus dem Skandal gezogen, heißt es in dem Schreiben, das den Redaktionen unseres Hauses, der VRT, und der flämischen Tageszeitung De Morgen vorliegt.

Nach Ansicht des Briefschreibers, der den Brief auch an Mitarbeiter des Bistums sendete, würden weitere Missbrauchsfälle im Zuständigkeitsbereich Bischof De Kesels stillschweigend geduldet und neue Richtlinien, die nach dem Vangheluwe-Skandal erlassen worden sind, würden ignoriert.

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