6 Monate Regierung Michel

An diesem Wochenende ist es genau 6 Monate her, dass die Regierung Michel vom König vereidigt wurde. In verschiedenen Zeitungsinterviews erinnern sich verschiedene Politiker an die ersten Monate, blicken aber auch in die Zukunft.

Ein Zankkabinett, ist die nicht gerade nette Bezeichnung, die der Regierung Michel auf den Weg mitgegeben wurde. Es sei in der Tat keine Valentinsregierung, betont der Vorsitzende der flämischen Christdemokraten, Wouter Beke, in der Sonntagszeitung de zondag. Die Regierung mache jedoch, was nötig sei. Man denke nur an die Rentenreform, die unser gutes Sozialsystem auch in Zukunft noch finanzierbar halten wolle.

"Auf der einen Seite reformieren wir. Das gesetzliche Renteneintrittsalter wird erhöht. Und auf der anderen Seite stellen wir zusätzliche Mittel zur Verfügung. Die niedrigsten Renten werden um 2 Prozent angehoben. Das ist die einzig richtige Antwort auf diese Herausforderung", so Beke im Interview mit der Zeitung de zondag.

Das sehr persönliche Interview mit Charles Michel und seiner Freundin Amélie Derbaudrenghien in der Zeitung Het Laatste Nieuws zeigt ein sehr sympathisches Bild des Premiers. Der Premier sei derzeit sehr beliebt, heißt es in der Zeitung - vor allem in Flandern. "Nicht, dass die Beliebtheit vorher so niedrig war, aber man kannte ihn dort einfach nicht."

Aus dem Interview mit Michel selbst geht hervor, dass sich der Premier als Schiedsrichter zwischen den zankenden Parteien sieht. Und diese Haltung hat ihm offenbar jede Menge Pluspunkte gebracht. Der jüngste Premier, den Belgien jemals hatte (er ist nur 39 Jahre alt), hat in der Tat auf der Beliebtheitsskala zugelegt, vor allem in Flandern.

Auch Gwendolyn Rutten, die Vorsitzende der flämischen Liberalen Open VLD, sagt, dass der Leim, der diese Regierung im Oktober zusammenklebte, immer noch halte.

Aus der Opposition fallen jedoch andere Worte, kritischer und vor allem enttäuscht. Kristof Calvo von den flämischen Grünen, Groen, fasst die ersten sechs Monate der Regierung Michel mit den Worten zusammen: "Belgien ist ein permanentes Kriegsgebiet geworden."

"Die Abneigung gegen die französischsprachigen Sozialisten von der PS hält dieses Team zusammen, aber das ist kein politisches Projekt. Das Regierungsabkommen war eine Enttäuschung, ebenso wie der Regierungsstil."

"Diese Regierung hangelt sich von einem Konflikt zum anderen, sowohl innerhalb der Regierung als auch gesellschaftlich. Der Boxkampf bei der Regierungserklärung zwischen Premier Charles Michel und Laurette Onkelinx (PS) war fast eine Metapher für das, was danach passiert ist", so Calvo in der Zeitung De Tijd.

Jedenfalls steht die Regierung Michel in den nächsten Monaten vor einer sehr schweren Aufgabe: Wie senkt man die Steuern auf Arbeit und wo holt man sich das Geld, das dabei verloren geht, wieder zurück? Holt man sich das Geld über eine Vermögenssteuer oder eine Ökosteuer oder eine Steuer auf Konsumgüter oder über eine Steuer, die alle drei Komponenten umfasst? Diese Diskussion zu einem glücklichen Ende zu bringen, wird die echte Herausforderung für die Koalition sein.

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