Medien machen Cricket-Spieler zum Terroristen

Eine in Belgien lebende pakistanische Familie muss vielleicht das Land verlassen, weil einige populistische Medien aus ihrem Sohn ohne journalistische Recherche einen Terroristen gemacht haben. Doch auch die Polizei muss sich in dieser Sache Vorwürfe gefallen lassen, wie unsere Kollegen von frankophonen Rundfunk RTBF ans Tageslicht brachten.

Die Geschichte beginnt völlig unschuldig: Ein junger Pakistani, dessen Vater in der Botschaft seines Landes in der belgischen Hauptstadt Brüssel arbeitet, kehrt von einen Training in seinem Cricket-Club nach Hause zurück.

Seinen Cricket-Schläger hält er dabei unter seiner Jacke fest. Der junge Mann wird auf seinem Heimweg von einer Überwachungskamera irgendwo in Brüssel aufgenommen…

Drei Monate später veröffentlicht die Polizei ein Foto (siehe oben) auf dem ein junger Mann zu sehen ist, der einen länglichen Gegenstand unter seiner Jacke verbirgt. In den Augen der Ermittler ist dies eine Waffe. Doch woher wollen die Polizisten dies wissen? Lassen die aufgenommenen Videobilder der Überwachungskamera darauf schließen?

Einige populistische Medien aus unserem Land nehmen den Fall auf und ganz schnell wird aus dem jungen pakistanischen Cricket-Spieler ohne Grund und ohne Beweise ein gefährlicher Terrorist und Antisemit gemacht. Dabei half offensichtlich auch ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der israelischen Botschaft in Brüssel.

Mittlerweile ist die Identität des jungen Pakistani an die Öffentlichkeit geraten, wobei einige vorschnelle Medien eifrig mitgemacht haben. Die Sache bleibt auch der pakistanischen Botschaft in Brüssel nicht verborgen.

Der Vater des jungen Mannes wird von seinen Aufgaben entbunden und die gesamte Familie muss wohl in der kommenden Woche Belgien verlassen und in ihre Heimat zurückkehren. Dort, so eines der Familienmitglieder gegenüber der RTBF, muss die Familie eines mutmaßlichen Terroristen um ihre Sicherheit fürchten.

Vier Jahre lang lebte die pakistanische Familie eines Botschaftsangestellten problemlos in unserem Land, bevor sie durch einen dummen Zufall in die Mühlen der populistischen Medien und von Polizei und Justiz geriet. Es fällt ihr schwer, ihre offensichtliche Unschuld zu beweisen. Vorverurteilt von einigen Medien schien ihr Schicksal besiegelt, doch die RTBF-Reportage fand heraus, dass die Sache auf einem falschen Verdacht beruht.

Die Bundesstaatsanwaltschaft schaltet sich ein

Der falsche Verdacht gegen die pakistanische Familie, den die RTBF ans Tageslicht gebracht hat, hat seit Sonntagnachmittag auch eine diplomatische Dimension erhalten. Am Montag will sich Belgiens Bundesstaatsanwalt in Brüssel mit der pakistanischen Botschafterin treffen.

Seiner Ansicht nach hat sich weder der junge Cricket-Spieler, noch dessen Familie etwas zuschulden kommen lassen. Die belgische Nachrichtenagentur Belga zitiert den Juristen mit den Worten: „Diese Personen haben sich nichts vorzuwerfen.“ Inzwischen wurden auch Premierminister Charles Michel (MR) und das belgische Außenministerium eingeschaltet.

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