Belgier werden und Deutscher bleiben

Wer die belgische Staatsangehörigkeit annehmen möchte, muss auf die deutsche Nationalität nicht automatisch verzichten. Diese Regel gilt schon seit über dreieinhalb Jahren und dennoch wissen viele Bürger das nicht. So tauchte das Thema gleich zu Beginn des neuen Jahres als Frage des Monats auf der Webseite der deutschen Botschaft in Brüssel auf.

„Grundsätzlich“, so die Antwort auf der Webseite der deutschen Botschaft, „gilt, dass die deutsche Staatsangehörigkeit verloren geht, wenn ein Deutscher eine fremde Staatsangehörigkeit auf Antrag erwirbt.“ Dabei gehe man von dem Grundsatz aus, dass es zwar toll sei, die deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen, aber wenn man eine andere annehme, das Interesse an Deutschland verloren ginge. Das erklärt eine Mitarbeiterin der Konsularabteilung der deutschen Botschaft am Telefon. So stehe es im Gesetz zur Staatsangehörigkeit in der Fassung vom 1.1.2000.

Allerdings, fährt die Mitarbeiterin fort, sei eine erste große Änderung am 28.8.2007 erfolgt. Seither gebe es nämlich zwei Ausnahmen: „Erstens tritt der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft nicht ein, wenn die Person eine Staatsbürgerschaft eines Landes der Europäischen Union oder der Schweiz erwirbt. Und die zweite Ausnahme ist eine Beibehaltungsgenehmigung, die extra zu beantragen ist und in der die Gründe der Beibehaltung dargelegt werden müssen.“ Die Beibehaltungsgenehmigung muss also dann weiterhin beantragt werden, wenn man die Staatsangehörigkeit eines Landes annehmen möchte, das nicht zur EU gehört und nicht die Schweiz ist.

Ein Deutscher kann also Belgier werden, ohne dass er seinen deutschen Pass abgeben muss. Er besitzt damit die doppelte Staatsangehörigkeit und hat seit dem 28.8.2007 auch keinen zusätzlichen administrativen Aufwand mehr.

All diejenigen, die vor dem o.g. Stichtag die belgische Staatsbürgerschaft erworben haben und im Zuge dessen ihre deutsche abgegeben haben, erhalten diese im Nachhinein allerdings nicht einfach zurück.

Und was passiert mit der deutschen Staatsangehörigkeit der Kinder von im Ausland geborenen und lebenden Deutschen? Diese Frage werden sich in ein oder zwei Jahrzehnten wohl vor allem die Deutschen stellen, die am 1.1.2000 oder danach im Ausland geboren wurden, dort leben und ihre Kinder hier haben werden. Ihre Kinder, so die Botschaft, werden nur dann die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn die Geburt bei den zuständigen Auslandsbehörden innerhalb des ersten Jahres dort eingetragen wird. Damit, so die Mitarbeiterin der Botschaft, „will man verhindern, dass die Leute im Ausland zwar Deutsche sind, aber keinen Bezug mehr zu Deutschland haben.“

Übrigens sind bei den „Eurokids“ in Belgien zwei Staatangehörigkeiten durchaus keine Seltenheit mehr. Manche haben sogar drei Staatsangehörigkeiten. „Das meiste, was ich hier hatte, war ein Kind mit vier Staatsangehörigkeiten“, erzählt die Mitarbeiterin der Konsularabteilung in Brüssel noch.

Der einzige Nachteil von zwei oder mehreren Staatsangehörigkeiten ist, dass man halt zwei oder mehrere Male Gebühren bezahlen muss.

Wussten Sie, dass...

zwischen 1990 und 2006 insgesamt 2.768 Deutsche die belgische Staatsangehörigkeit angenommen haben. Im gleichen Zeitraum sind 163 Österreicher und 683 Schweizer Belgier geworden.

Leider liegen der Redaktion diesbezüglich keine Zahlen ab 2007 vor.

Laut Erhebungen des Statistikamtes der belgischen Regierung lebten 2008 (1. Januar) übrigens 38.370 Deutsche, 2.523 Österreicher und 2.087 Schweizer offiziell in Belgien.

                                                                                                                                                                                                      Uta Neumann

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