Flanderns 14-18-Stätten doch kein Weltkulturerbe?

Im vergangenen Jahr haben die beiden belgischen Bundesländer Flandern und Wallonien sowie Frankreich bei der UNESCO einen Antrag eingereicht, über den die Gedenkstätten auf den ehemaligen Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs zu Weltkulturerbe werden sollen. Doch die Sache hat einen Haken. Die UNESCO will nicht unbedingt „Kriegsorte verherrlichen“.

Alleine Belgien zählt 43 Stätten, die nach dem Ersten Weltkrieg wegen ihrer Bedeutung eine Besonderheit darstellen. Darunter sind z.B. das Menentor in Ypern (Foto unten), die Krypta des Ijzerturms in Diksmuide oder die zahlreichen Soldatenfriedhöfe am Rande der damaligen Schlachtfelder.

Doch zum Leidwesen von Flanderns Landeschef Geert Bourgeois (N-VA - kl. Foto), der die Aufnahme dieser Stätten in das UNESCO-Weltkulturerbe nach Kräften fördert, hat das Beratungsgremium der Kulturerbe-Einrichtung der Vereinten Nationen dem Antrag ein negatives Gutachten verliehen. Der Grund: Man wolle „den Krieg nicht verherrlichen.“

Diese Sichtweise sei einseitig, so Bourgeois in einer Reaktion auf diese Ansicht: „Das ist kein Dossier über die Schlachtfelder des Großen Krieges, über Krieg, Gewalt oder Heldentum. Hier geht es um Gedenkstätten des Ersten Weltkrieges, um Frieden, darum, Menschen miteinander zu versöhnen und um Prinzipien, auf denen die UNESCO aufgebaut ist. Zum ersten Mal in der Geschichte haben Soldaten ein eigenes Grab erhalten.“

Bourgeois legte Wert auf die Feststellung, dass dabei kein Unterschied zwischen den Nationen gemacht wurde. Auch die Soldaten der damaligen „Feinde“ hätten seinerzeit Friedhöfe in unserem Land bekommen. Allerdings teilte der flämische Ministerpräsident die Befürchtung des UNESCO-Beratergremiums, hier einen Präzedenzfall zu schaffen, bei dem sich die Liste des Weltkulturerbes für weiteres Kulturerbe öffnet, dass auf Konfliktsituationen beruht.

Jetzt fügte Flandern dem Antrag zusätzliche Informationen hinzu und legt internationale Kontakte zu anderen Ländern, um sich über den Belang von anderen Gedenkstätten zu informieren, die ebenfalls aus dem Ersten Weltkrieg stammen. Mitte Mai soll ein neues Gutachten vorgelegt werden. Im kommenden Sommer fällt eine definitive Entscheidung. Besinnt sich die UNESCO, dann wäre dies das erste Mal, dass sie einer Empfehlung eines eigenen Gremiums nicht folgt.

(Lesen Sie bitte unter dem Foto weiter)

Standortnachteile?

Ein weiterer Grund könnte einer Aufnahme der 14-18-Gedenkstätten in Westflandern, in der Wallonie und in Nordfrankreich (insgesamt 66 Stätten) im Wege stehen, nämlich die Tatsache, dass in der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes bereits sehr viele Orte, Stätten und Einrichtungen in Westeuropa unter diesem besonderen Schutz stehen. Hinzu kommt auch, dass gerade die belgische und flämische Provinz Westflandern hier bereits in großem Maße berücksichtigt wird, z.B. Brügge.

Die UNESCO will hier offensichtlich auch andere Kontinente mit z.B. Westeuropa gleichstellen. Doch bei den Bedenken überwiegt die Angst, Kriegsstätten zu verherrlichen oder durch den UNESCO-Schutz neue Konflikte heraufzubeschwören. Das ist gerade der Fall beim Preah Vihear Tempel auf der Grenze zwischen Kambodscha und Thailand. Seit dieser Tempel zum Weltkulturerbe gehört, streiten sich beide Ländern darum, wem er gehört…

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