Kunst aus Aachen "Über die Grenze" nach Löwen

In der Ausstellung „Über die Grenze hinweg. Mittelalterliche Bildhauerkunst aus den Niederen Landen“ zeigt das M Museum in Löwen (Flämisch-Brabant) auch große Teile der Skulpturensammlung des Suermondt-Ludwig-Museums in Aachen (NRW). Diese Zusammenarbeit von zwei in ihrer Region zweifellos namhaften Kulturstädten soll die Geschichte dieser Kunstform in ein neues Licht rücken und neue Erkenntnisse liefern.

Während des Mittelalters waren die sogenannten Niederen Lande ein blühendes Zentrum der Bildhauerkunst. Sowohl in Antwerpen, Brüssel oder Mechelen im heutigen Flandern, als auch in Utrecht oder Maastricht in den Niederlanden wurden in dieser Hinsicht Maßstäbe gesetzt. Hier entstanden damals Altare, Retabel, Figuren und vieles mehr in einer Schnitz- und Bearbeitungstechnik die nicht nur seinerzeit ihres Gleichen suchten. Natürlich waren die Werke, die damals entstanden zumeist christlicher Prägung und um sie herzustellen wurde in erster Linie Holz oder Elfenbein genutzt.

Im Laufe der Jahre und Jahrhunderte aber geriet gerade diese Fertigungskunst, wie sie in den Niederen Landen angewendet wurde, in Vergessenheit und nicht wenige aus technischer oder historischer Sicht heute wertvolle Werke oder Figuren setzten Staub in Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen an oder verschwanden in den Archiven von Museen. Mit „Über die Grenze“ soll dieser geschichtsträchtigen Kunst, bzw. diesem feinen Handwerk wieder zu neuem Glanz verholfen werden.

In der Ausstellung in Löwen sind einige Werke zu sehen, die zur dortigen ständigen Sammlung gehören, doch die übergroße Mehrheit der dort gezeigten Exponate kommen aus dem in dieser Hinsicht reichhaltigen Archiv des Suermondt-Ludwig-Museums in Aachen (siehe auch den nebenstehenden Beitrag).

Das M Museum weist hierbei einem geneigten Publikum nicht nur den Weg durch die Geschichte dieser Kunst, sondern gemeinsam mit dem Suermondt-Ludwig-Museum soll ergänzend auch nach neuen Erkenntnissen gesucht werden. Dabei soll in erster Linie auf wissenschaftlicher Ebene nach der genauen Herkunft der Werke gesucht werden, um so auch zu weiterem Aufschluss auf die damaligen Künstler an sich zu gelangen.

Zweimal hinschauen

Einem Laien, wie dem Autoren dieser Zeilen, mag der wissenschaftliche Anspruch dieser Ausstellung erst beim zweiten Blick auffallen. Zunächst einmal entdeckt der Betrachter dutzende faszinierende Werke aller Art, die die Ausstellungsmacher einfach aber gelungen und nur durch fein platzierte Beleuchtung unterstrichen zur Geltung kommen lassen. Nach einem Gesamtüberblick, den man sich verschaffen sollte, fällt dann aber auf, wie fein die Künstler von damals zu Werke gingen.

Da fallen wunderbar dargestellte Gesichter und Gesichtsausdrücke auf, die in jeder nur erdenklicher Größe zu finden sind. Fast wissenschaftlich genau in ihrer Perspektive werden Körper und Bewegungen gestaltet - mal erhaben, mal zynisch, mal frech und böse, mal heilig oder anmutig. Und nicht zuletzt fällt dem Betrachter auf, dass die Künstler und Schnitzer damals auch auf ihr Holz und dessen Struktur selbst vor der eigentlichen Arbeit geachtet haben. Wunderbar, was daraus entstanden ist.

Ein Besuch dieser Ausstellung sei jedem empfohlen, der sich für Kunst, Kunstgeschichte und Kunsthandwerk begeistern kann. Und für Fachleute und an besonderer sakraler Kunst Interessierte bietet „Über die Grenze“ ebenfalls höchsten Anspruch. Sowohl die Ausstellung als solche, als auch die Zusammenarbeit dieser beiden Museen sind etwas ganz besonderes. Das sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.

„Über die Grenze hinweg. Mittelalterliche Bildhauerkunst aus den Niederen Landen“, noch bis zum 27. Mai 2018 im M Museum Löwen, Leopold Vanderkelenstraat 28, 3000 Leuven. Mehr Info bietet die Webseite des Museums.

Das Aachener Petrus-Retabel

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