Königliche Bibliothek ersteigert Ensor-Radierung

Die Königliche Bibliothek von Belgien hat vor einigen Wochen einen kleinen Druck des Malers James Ensor (1860-1949) bei einer Versteigerung erwerben können. Bei näherer Betrachtung durch Experten erwies sich dieses Werk als eine Besonderheit, stammt sie doch aus dem Frühwerk des Malers. Zudem ist der Druck von ihm selbst angefertigt und nachkoloriert worden.

Als der nur 13,4 auf 9,5 cm große Druck bei einer Kunstversteigerung zur vorherigen Ansicht gezeigt wurde, war der Vertreter der Königlichen Bibliothek schon der Ansicht, dass es sich hierbei um eine Besonderheit handelt. Und er sollte recht behalten, denn nach einer vorsichtigen Restaurierung und nach Inaugenscheinnahme durch Experten erwies sich, dass es sich dabei um ein sehr frühes Werk von James Ensor handelt.

Die etwa postkartengroße Radierung ist ein Selbstportrait aus dem Jahre 1900, dass Ensor als einfachen in Regenmontur gekleideten Strandgutsammler mit Mütze gegen den steifen Nordseewind zeigt. Nach Vergleichen mit anderen Drucken von der gleichen Platte steht zudem fest, dass es sich hier um eine frühe Radierung handelt, also um einen „ersten Druck“ ohne Druckfolge. Dass James Ensor im Nachhinein noch eine Nachfärbung durchführte, macht das Werk umso einmaliger, so Kunstexperten.

Emma Lambotte

Und noch ein Indiz belegt die Besonderheit dieser Radierung: Bei der Abnahme des Rahmens zur Restaurierung und zur Expertise tauchte eine ganz besondere Adresse auf: „Mvr. Emma Lambotte, Louizastraat 28, Antwerpen.“ Diese aus Lüttich stammende Malerin und Schriftstellerin hat für die Karriere von James Ensor enorme Bedeutung.

Lambotte sammelte nicht nur Ensor-Werke in großem Umfang, sondern förderte den Künstler und dessen Entwicklung auch direkt, weil sie eine der ersten Personen war, die die künstlerischen Fähigkeiten James Ensors entdeckte und ihn in die damals wichtigen Kunst- und Kulturkreise einführen konnte.

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