Macrons Kulturministerin ist (auch) Belgierin

Françoise Nyssen (Archivfoto), die Kulturministerin der neuen französischen Regierung, kommt aus Belgien. Nyssen hat die doppelte Staatsbürgerschaft und kommt direkt aus der Welt der Kultur. Damit berief der neue Staatspräsident Emmanuel Macron zum ersten Mal einen Menschen für den Kulturbereich in sein Kabinett, der nicht aus der Politik kommt.
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Françoise Nyssen kam am 9. Juni 1951 im Brüsseler Stadtteil Etterbeek zur Welt und studierte an der frankophonen Freien Universität Brüssel (ULB) zunächst Chemie und später Städtebaukunde. Nach einigen Jahren in Brüssel zog sie von der dortigen Baupolitik enttäuscht zu ihren Eltern nach Frankreich, wo sie ab 1980 in Arles beim Verlag Actes Sud tätig wurde, den ihr Vater zwei Jahre zuvor gegründet hatte. Daneben errichtete sie mit ihrem Mann ein Kulturzentrum, in dem Theater, Musik, Literatur und alle möglichen anderen Kunst- und Kulturrichtungen geboten werden. Ihr Vater, Hubert Nyssen (1925-2011), arbeitete übrigens vor seinem Umzug nach Frankreich als Gefängnisarzt in Antwerpen.

Ihr Verlag, Actes Sud, bringt neben namhaften französischen Schriftstellern auch international erfolgreiche Autoren in Frankreich bzw. im französischsprachigen Europa heraus, wie z.B. den Algerier Kamel Daoud, den Briten Salman Rushdie, den Türken Asli Erdogan oder den Amerikaner Paul Auster. Inzwischen wurden zwei ihrer Autoren mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet (Imre Kertéz und Swetlana Alexievitch) und drei mit dem renommierten französischen Prix Goncourt (Laurent Gaudé, Jérôme Ferrari und Mathias Enard). Bei Actes Sud erscheinen aber auch die Bestseller von Stig Larsson und seinem Nachfolger David Lagercrantz und die Bücher der deutschen Sachbuchautorin Giulia Enders.

Nach Ansicht der flämischen Schriftstellerin Lieve Joris (kl. Foto), die in Frankreich bei Actes Sud verlegt wird, ist Nyssen die ideale Person im Amt des französischen Kulturministers: „Sie ist eine waschechte Optimistin, trotz einiger schwerer Schicksalsschläge ihn ihrer Geschichte. Die französische Tageszeitung L’Observateur bemerkt, dass Nyssen eigentlich schon Kulturministerin war, bevor sie es war. Und, sie hat Modiano gelesen.“

Als der französische Schriftsteller Patrick Modiano 2014 den Nobelpreis für Literatur erhielt, musste die damalige Kulturministerin Fleur Pellerin zugeben, noch nie etwas von ihm gelesen zu haben… 2012 erlitt Françoise Nyssen einen schweren Schicksalstag, als sich ihr Sohn, der Probleme in seiner Schule hatte, das Leben nahm. Einige Zeit später brannte ihr Haus ab, wobei viele persönliche Erinnerungsstücke zerstört wurden. Trotzdem reagierte sie nach Ansicht von Lieve Joris positiv und gründete eine Vereinigung, die sich um Jugendliche kümmert, die im normalen Schulwesen nicht mitkommen.

„Ich glaube, dass Frankreich mit einer Frau bestens gedient ist, die kulturell so weit entwickelt ist, wie sie. (…) Sie wird sich sicher mit Politik beschäftigen müssen, doch Kultur ist eine schöne Art und Weise, Politik zu betreiben.“, so die flämische Actes Sud-Autorin Liebe Joris zu Françoise Nyssen.

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