Flandern Gastland bei der Frankfurter Buchmesse

Das belgische Bundesland Flandern präsentiert sich in diesem Jahr gemeinsam mit den Niederlanden als gemeinsames Sprachgebiet als Ehrengastland der Frankfurter Buchmesse. Dabei erweist sich diese Aktion als äußerst lohnenswert, denn schon am Mittwoch, dem ersten Fachbesuchertag nach der royalen Eröffnung widmen die Medien dem Gastlandpavillon gebührende Aufmerksamkeit und die Besucher strömen herbei.

Flandern präsentiert sich aber nicht nur literarisch, sondern auch touristisch in Frankfurt und auch die Partnerschaft mit VisitFlanders zeigt sich als erweist sich als gelungene Ergänzung. Das flämische Tourismusamt will das Land hinter den Büchern vorstellen und profitiert vom Forum, dass das Thema Buch in Frankfurt bietet.

Der große Gastlandpavillon, ein Projekt des Architekturbüros The Cloud Collective, erweist sich sowohl als Epizentrum für die literarische Präsentation Flanderns und der Niederlande mit zahlreichen gut besuchten Lesungen und Podiumsgesprächen, als auch als Ruhepol für die Messebesucher. Dabei sind die Gedichteflüsterer eine wunderbare Idee: Hier werden die Besucher freundlich darauf aufmerksam gemacht, sich ein Gedicht vorlesen zu lassen.

Die Angesprochenen können aus Bildern flämischer oder niederländischer Künstler auswählen, zu denen die Leser ein Gedicht vorlesen. Dazu dürfen sich die Zuhörer in Liegestühle inmitten der auf Stoffplanen projizierten Nordseelandschaft (“Dies ist was wir teilen”) legen und träumen… Die Gedichte stammen ebenfalls von Autoren aus den beiden Gastregionen.

Charmantes Sprachgewirr

Die moderierten Podiumsgespräche im Gastlandpavillon finden meistens in deutscher Sprache statt, wobei die Autoren mit ihrem charmanten niederländischen Akzent zumeist für eine zusätzliche Art der Poesie sorgen. Die flämische Autorin Saskia De Coster („Wir & Ich“ (Tropen Verlag)) und der niederländische Schriftsteller Tommy Wieringa („Der Verlorene Sohn“ und „Dies sind die Namen“ (Hanser)) meisterten dieses Gespräch am Mittwoch mit zauberhafter Geduld.

Der Flame Dimitri Verhulst („Die Unerwünschten“ (Luchterhand)) sprach allerdings Englisch. Ein buntes Sprachengemisch aus Deutsch, Niederländisch und Englisch war die Gesprächsrund mit den flämischen Schriftstellern Fikry El Azzouzi („Wir da draußen“ (DuMont)) und Annelies Verbeke („Schlaf!“ (Reclam)) sowie dem Psychologen Paul Verhaeghe („Autorität und Verantwortung“ (Kunstmann))…

VisitFlanders hingegen stellt das belgische Bundesland Flandern vor und zwar über einige gängige Klischees, wie Fritten, Bier oder Schokolade. Doch diese Klischees werden auf eine sehr originelle Art und Weise vorgestellt und dazu nutzt VisitFlanders eine gute Portion Humor.

Man darf zum Beispiel als Besucher in einem “Fotobulli”, ein alter VW-Bus, seinen eigenen “Flandernmoment” inszenieren. Dies ergibt originelle Passfotos, die sofort ausgedruckt werden. Man kann aber auch als Bücherdoktor auftreten und vor laufender Kamera erzählen, warum man das letzte selbst gelesene Buch als Medizin empfehlen würde…

Zudem dürfen vor Ort zubereitete Schokopralinen verköstigt werden und es gibt echte belgische Fritten. Das alles findet in originellen Zelten und Buden unter freiem Himmel in der Agora der Frankfurter Messehallen statt. Doch all das darf natürlich nicht vom Sinn des Ganzen ableiten und gilt als wohlige Ergänzung zur Welt der niederländisch-sprachigen Literatur.

Und diese kommt voll und ganz zum Tragen. Das Interesse an den Fachtagen ist besonders groß, wie Sonja Peters, PR-Verantwortliche der mitveranstaltenden Flämischen Literaturstiftung. Und auch der organisierende Frankfurter Börsenverein ist überrascht davon, wie gut der diesjährige Gastlandauftritt “rüberkommt”.

Übersetzer

Besonders auffallend hierbei ist, dass bei allen literarischen Veranstaltungen und Events rund um die flämischen und die niederländischen Schriftsteller auch immer mit Nachdruck die deutschen Übersetzer der Verlage genannt werden. Hier wird endlich einmal einem oftmals leider unterschätzten Berufszweig, ohne den das Buch an sich kaum auskommen kann, seinen gebührenden Stellenwert eingeräumt.

Manchmal aber fehlt es den in Frankfurt ausstellenden Verlagen aber auch an Wissen zur Literatur der Ehrengäste. Beim Fischer Verlag wusste niemand, dass das in Flandern und in den Niederlanden umjubelte Debut „Das schmilzt“ von der jungen Autorin Lize Spit 2017 im eigenen Hause erscheint. Hier schichte man den Autoren dieser Zeilen zur Konkurrenz. Die kannten Buch und Autorin und wussten auch zu erzählen, wo es erscheinen wird, nämlich beim Fischer Verlag… Knapp vorbei ist auch daneben.

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