Train World: Ein Besuch im Eisenbahnmuseum

Train World, das langerwartete Eisenbahnmuseum der belgischen Bahn in Schaarbeek, öffnete am 25. September 2015 seine Tore für das breite Publikum. Es bietet einen spektakulären Blick auf einige Trümpfe der ersten Eisenbahn auf dem europäischen Festland. Mitgearbeitet hat an der Entstehung und Gestaltung dieses Museums ein Künstler aus dem Bereich Comic. Das dies kein Nachteil sein muss, beweist die Train World eindrucksvoll.

Knapp vier Monate nach der Eröffnung war es auch für den Verfasser dieser Zeilen - ein bekennender Eisenbahnfreund und überzeugter Bahnpendler - an der Zeit, einmal einen Blick in die Train World, das neue belgische Eisenbahnmuseum im Brüsseler Stadtteil Schaarbeek, zu werfen. Die Tatsache, dass sich der Eingang zu diesem Museum im denkmalgeschützten und prächtigen Bahnhof von Schaarbeek aus dem Jahr 1887 befindet, ist schon einmal eine erste Trumpfkarte, denn dieses Gebäude strahlt die Geschichte der Eisenbahn in Belgien in aller Pracht aus. Nicht zuletzt liegt diese Station an der historischen Eisenbahnlinie zwischen Mechelen und Brüssel, wo am 5. Mai 1835 der erste Zug auf dem europäischen Festland entlanggefahren war…

Das eigentliche Museum aber befindet sich unmittelbar daneben, in einem futuristischen Neubau, der spektakulärer Weise um ein altes Bahnwärterhäuschen herum entstand, das gleich eines der Besonderheiten in der Train World darstellt. Das dieses Häuschen hier zum Inhalt gehört, ist vielleicht eine der vielen Ideen des aus Schaarbeek selbst stammenden Comiczeichners François Schuiten, der maßgeblich an Form und Inhalt des Museums mitgearbeitet hatte. Das mag eine weitere Trumpfkarte sein, denn damit ist dieses Haus nicht nur ein Museum für trockene Eisenbahnfreaks, sondern auch und gerade eine Art Erlebnispfad durch die Bahngeschichte für Familien und andere Neugierige.

Inhaltlich bietet die Train World einiges. So werden dort insgesamt 22 Schienenfahrzeuge ausgestellt, darunter einige der wichtigsten Dampfloks der belgischen Eisenbahn, wie die Stromlinienlokomotive der Baureihe 12 oder die kleinere 18, die einst den Königszug durch das Land zog. Doch das Museum zeigt auch einige Lokomotiven aus der Frühzeit der belgischen Eisenbahn, z.B. die „Pays de Waes“ von 1844, die wohl älteste original erhaltene Dampflok auf dem europäischen Festlande. Die Train World ist mit zahlreichen aufwändigen Installationen und Projektionen aber auch ein modernes und interaktives Haus, was vor allem viele Kinder und Jugendliche begeistern mag.

Unzählige kleinere oder größere Relikte aus der Bahnwelt, wie Bahnhofsschilder, eine umfangreiche Sammlung an Bahnhofsuhren, historische Gepäckstücke, Werkzeuge oder andere Utensilien bereichern das Gezeigte ungemein. Und alles in allem werden damit Geschichten erzählt, was wieder auf den inhaltlichen Einfluss des Comiczeichners François Schuiten zurückzuführen ist. Die Train World bietet aber neben unglaublich viel Geschichte auch einen Ausblick auf die Zukunft der Bahn und zeigt die plastischen aber 1:1 großen Entwürfe von modernen Zügen, wie den neuesten Eurostar.

Die Train World in Brüssel ist einen Besuch absolut wert. Man muss nicht unbedingt ein Eisenbahnfan sein, um hierher zu kommen, denn Rahmen, Gebäude, die ausgestellten Objekte und das Szenario, dass die ganze Sammlung zusammenhält, sind schwer beeindruckend. Nicht zuletzt sorgen eine nicht allzu laute Geräuschkulisse und feine Lichtspielereien für eine zusätzliche besondere Note. Wer hierher kommt, der kann einiges erleben und so manches Entdecken. Und über die Schönheit alten Eisens kann man ohnehin nicht streiten. Schon gar nicht, wenn sie so überlegt präsentiert wird.

Und der Eisenbahnfreund?

Für den echten Eisenbahnfreund hat die Train World einiges zu bieten. Die hier gezeigte Sammlung von (Dampf)Lokomotiven aus der Geschichte der belgischen Eisenbahn ist schon beeindruckend. Doch wirklich repräsentativ für diese Geschichte ist das Museum nicht. Warum? Ganz einfach! Train World zeigt Spektakuläres und dies auch besonders schön aufbereitet, doch die „normale“ Eisenbahn bleibt ein wenig außen vor.

Bei den ausgestellten Diesel- und Elektroloks - jeweils eine an der Zahl - kann man sich schon die Frage stellen, warum gerade diese hier gezeigt werden: Die E-Lok ist eine Baureihe 15, die bis in die 1980er Jahre hinein Schnellzüge zwischen Paris, Brüssel und Amsterdam beförderte. Die Diesellok ist eine Vorserienlok der Baureihe 60 (ehemals 211). Beide Maschinen stehen nicht unbedingt für die hunderte Lokomotiven, die jahrzehntelang die Stütze des Reise- und Güterverkehrs in Belgien darstellten. Und die Geschichte der Güterbahn ist mit nur zwei historischen Waggons repräsentiert.

Das soll aber nicht bedeuten, dass die Train World für den geneigten Eisenbahnfreund nicht interessant ist. Bei weitem nicht! Das gesamte Konzept ist derart spannend aufgebaut, dass hier jeder auf seine Art glücklich werden kann. Der Autor dieser Zeilen hat z.B. als interessantestes Exponat einen vierachsigen Postwagen deutscher Vorkriegsherkunft ausgemacht. Der Waggon war in den Wirren des Zweiten Weltkriegs, wie viele andere Eisenbahnfahrzeuge auch, in Belgien geblieben und wurde kurzerhand von der hiesigen Bahnpost konfisziert. Er ist mit seiner Inneneinrichtung vollständig erhalten geblieben und eine echte Augenweide…

Train World

Prinses Elisabethplein 6, 1030 Schaarbeek

Tel: +32 (0)2 224 74 98 (Montag bis Freitag 09:00-16:00),

Train World ist Dienstags bis Sonntags geöffnet von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet (Schalter bis 15:30 Uhr).

Montags geschlossen.

Webseite: www.trainworld.be

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