Zaventem: Beutet DHL Zeitarbeitskräfte aus?

Beim Kurierdienst DHL Aviation am Brussels Airport in Zaventem werden offenbar Zeitarbeitskräfte ausgebeutet. Ein Undercover-Journalist aus unserem Hause, der VRT, ging im Selbstversuch Vermutungen nach, nach denen Zeitarbeitskräfte wochen- und monatelang von Tagesvertrag zu Tagesvertrag tätig sind. Dabei soll es sich um bis zu 250 Mitarbeiter handeln.
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VRT-Reporter Michaël Dilissen arbeitete drei Wochen lang und undercover mit versteckter Kamera beim Laden und Löschen von Luftfracht bei DHL Aviation am Flughafen in Zaventem und sprach dabei mit Kollegen.

Diese gaben an, teilweise über Monate mit Tagesverträgen zu arbeiten. Krank sein dürfe man nicht, denn dann würde man seinen Job verlieren, so die allgemeine Aussage. Und Rückenschmerzen bei der Plackerei auf Hochtouren werden schlicht und einfach mit starken Schmerzmitteln bekämpft…

Das Arbeiten mit Tagesverträgen ist in Belgien streng geregelt und darf nur in Ausnahmefällen geschehen. Bei DHL in Zaventem scheint dies aber tägliche Kost großen Ausmaßes zu sein, wie eine Reportage in der VRT-Sendereihe „Pano“ am Mittwochabend beweist. Schon der Trailer zu dieser Sendung am Mittwochmittag in den 13 Uhr-Nachrichten rief DHL auf den Plan. Dort will man den Vorwürfen in einer internen Untersuchung auf den Grund gehen.

Arbeitsinspektion

Philippe Vandenbroeck vom belgischen Wirtschaftsministerium nannte die Vorgänge, die die Aufnahmen von Dilissen belegen, „menschenunwürdig“. Man könne hier auch von Sozialdumping auf belgischem Niveau reden, so der Mitarbeiter der Arbeitsinspektion des Wirtschaftsministeriums gegenüber unserem Sender.

Hier handele es sich auch nicht um illegal eingewanderte Ausländer, die schwarz arbeiten würden, sondern um Mitarbeiter eines für die Wirtschaft sehr wichtigen Sektors, der als Gradmesser für wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum gelte: „Da hat der Sektor selbst eine Reihe von Regelungen ausgearbeitet, die scheinbar aber nicht schlüssig sind. Wir halten es für ein wenig frustrierend, dass so etwas heute noch möglich ist.“

Angst und Willkür

Auch der Arbeitsinspektor des Wirtschaftsministeriums stellt fest, dass die betroffenen Arbeitnehmer nicht wagen, dagegen zu klagen, denn sie haben einfach Angst vor einem Arbeitsplatzverlust. Sie seien solchen Systemen einfach ausgeliefert, so Vandenbroeck: „Am Freitagabend wissen sie nicht, on sie am Montag wieder anfangen können. Unter solchen Umständen ist die Gefahr von Manipulation und Willkür durch die Arbeitgeber niemals weit weg.“

"Nicht der schlechteste Schüler…"

Nach Ansicht von Bjorn Vanden Eynde, Delegierter bei der christlichen Gewerkschaft ACV Transcom, sind die Vorkommnisse bei DHL in Zaventem nicht die schlimmsten ihrer Art an diesen Standort. Vanden Eynde erzählte zwar gegenüber der VRT-Nachrichtenredaktion von dem Fall eines Arbeiters, der zu viel geklagt habe und entlassen wurde und zwar von Personen, die dazu noch nicht einmal befugt waren, doch sei die Tochter der Deutschen Post nur die Spitze des Eisbergs.

Der Gewerkschaftler gab zu verstehen, dass es am Standort Brussels Airlines in Zaventem noch schlimmer bei Swissport Cargo Belgium und bei WVS Belgium zugehen würde. Beide Unternehmen sind um Bereich der Gepäckabfertigung in Zaventem aktiv. Hier würde Zeitarbeitskräften mit Tages- oder Wochenvertrag schon nach vier Arbeitsstunden gesagt: „Geh nach Hause, wir haben keine Arbeit mehr.“ Die Gewerkschaften geben dazu an, schon lange gegen solche Umstände zu kämpfen, doch immer wieder würden sie „auf Mauern stoßen“, auch auf politischer Ebene.

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