Birnen aus Flandern: Boykott, Export und Wetter

Seit etwa drei Jahren leiden die Birnenzüchter unter den Obstbauern Flanderns unter dem russischen Importboykott und seit dem sucht die hiesige Landwirtschaft nach neuen Absatzmärkten, um dies zu kompensieren. Einige Märkte konnten auch erreicht werden. Und, wie auch immer, sind weiterhin hochwertige Birnen aus Flandern in russischen Feinkostläden zu finden. Jetzt gilt es aber, die Birnenblüten über diese frostigen Tage zu bringen.
Nicolas Maeterlinck

Hoffentlich machen diese unbeständigen Apriltage mit ihren frostigen Nächten den flämischen Obstbauern in ihren Anbaugebieten in Hespengau zwischen den Provinzen Flämisch-Brabant und Limburg keinen Strich durch die Rechnung. Denn Flanderns Ministerpräsident Gert Bourgeois (N-VA) versucht bei jeder Handelsmission im Ausland auch neue Märkte für die flämischen Birnen auszuloten. Es wäre doch zu schaden, wenn dann ein schwer erkämpfter neuer Exportmarkt nicht beliefert werden könnte, weil die Blüten erfroren sind. Doch, wie heißt es so schön und gleichzeitig dramatisch im Volksmund: „Der April macht was er will.“

Inzwischen taten sich auch für flämisches Obst neue Märkte auf, die nach dem russischen Handelsboykott für bestimmte EU-Produkte in der Ukraine-Frage gesucht wurden. FIP, die Exportagentur des belgischen Bundeslandes Flandern, fand wichtige neue Großkunden in Indien und in Kanada. Bei der jüngsten flämischen Handelsmission, die in der vergangenen Woche nach Brasilien und nach Peru führte, konnten die Brasilianer davon überzeugt werden, auf flämische Birnen zu setzen. Dies ist natürlich ein gigantischer Absatzmarkt, auch wenn das südamerikanische Land selbst über riesige Anbaugebiete für Obst und Früchte verfügt.

Vlam, die flämische Landesagentur für Landwirtschafts- und Fischereimarketing, wird für entsprechende Werbekampagnen in Brasilien sorgen und Yves Lapere, der Vertreter der Exportagentur FIP für Lateinamerika hofft, dass bald eine erste Lieferung über 15.000 bis 20.000 Tonnen Birnen auf die Reise nach Brasilien geschickt werden können. Ein Problem gilt es allerdings zu lösen. Laut Lapere lieben die Brasilianer glänzendes Obst, doch die flämischen Premiumbirnen der Sorte „Conférence“ haben eine matte Schale…

Wie kommen flämische Birnen in russische Feinkostläden?

Seit August 2014 boykottiert Russland nach dem Streit über die Ukraine-Frage mit der EU bestimmte Produkte aus der Union. Das betrifft auch Agrarprodukte, wie Früchte und Obst. Dies traf besonders die flämischen Obstbauern und hier ganz hart die Birnenzüchter. Hiesige Birnen, z.B. die Premiumsorte „Conférence“, sind auf dem russischen Markt sehr beliebt. Noch 2013 exportierte Flandern 90.000 Tonnen Birnen nach Russland und bis zum Boykott im August 2014 waren es bereits weitere 76.000 Tonnen. Doch seitdem ist Schicht im Schacht. Oder doch nicht?

Inzwischen scheint die Krise bei den Obstbauern in Flandern zumindest teilweise überstanden, denn neue Märkte konnten gefunden werden (siehe oben). Trotzdem mussten einige Landwirte in diesem Bereich aufgeben. Doch nach Recherchen des flämischen Nachrichtenmagazins Knack tauchen auch immer wieder Birnen aus unseren Breitengraden in russischen Feinkostläden auf. Woran liegt das? Nach Angaben des belgischen Bauernbundes und dem belgischen Dachverband für Land- und Gartenbau (VBT) stieg die Ausfuhr von Birnen aus Flandern in Richtung baltische Staaten und anderen osteuropäischen Ländern, wie Polen, Bulgarien oder Bosnien, um ein Vielfaches.

Flanderns Exportbehörde Flanders Investment & Trade bestätigt, dass flämische Birnen in Russland zu finden sind (sie sind offenbar bei Feinschmeckern dort sehr beliebt). Ihr Moskau-Vertreter André De Rijck sagte gegenüber Knack dazu, dass diese Birnen auf ihrer Etikettierung Herkunftsländer, wie Sudan, Südafrika, Argentinien oder Bosnien aufweisen. Doch er sei sicher, dass diese aus Belgien, zumindest aber aus den Niederlanden kommen, wo dieser Markt ebenfalls eigentlich boykottiert wird. Wie dies allerdings vor sich gehe, wisse er auch nicht.

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