Braunschweig: Gedenken in Roselies nach 101 Jahren

101 Jahre nach dem Massaker von aus Braunschweig kommenden deutschen Truppen an Bewohnern der belgischen Stadt Roselies während dem Ersten Weltkrieg haben sich die beiden Städte auf eine besondere Art und Weise wieder angenähert. Am vergangenen Wochenende weilte eine offizielle Delegation aus Braunschweig in Roselies bei den dortigen Gedenkfeierlichkeiten.

Am 22. und 23. August 1914 machte das Husaren-Regiment 92 aus Braunschweig ihrer Losung auf der Pickelhaube „Pardon wird nicht gegeben!“ in der Ortschaft Roselies in der Provinz Hennegau alle Ehre. Dieses Husaren-Regiment gehörte zu einer ganzen Reihe von Elite-Regimentern des deutschen Kaiserreichs und des Herzogtums Braunschweig. Der Kaiser und der Herzog forderten auch von den „92er“ ein hartes Vorgehen beim Durchmarsch durch Belgien gen Frankreich. Wenn es sein musste, auch gegen die Zivilbevölkerung. Das braunschweigische Husaren-Regiment 92 trat besonders martialisch auf.

Dies bekam die kleine Ortschaft Roselies in der Nähe von Charleroi deutlich zu spüren, denn als Reaktion auf einen Schusswechsel mit den Belgiern, darunter auch Zivilisten und ein Pfarrer, brannten die Husaren die Häuser der Stadt nieder. Dabei nahmen sie keine Rücksicht auf jene Menschen, die sich in ihren Häusern versteckt hielten. Dieses Vorgehen des Husaren-Regiments 92 wurde im Nachhinein als „Strafgericht“ und „Feuertaufe“ hoch gelobt und sogar in einem Gemälde verherrlicht.

Doch nach heutiger Lesart waren die dortigen Vorgänge Kriegsverbrechen. Das allerdings sahen die Nazis anders und nannten eine Kaserne nach der geschundenen belgischen Stadt. Auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Name der Ortschaft Roselies in Braunschweig z.B. für die Benennung eines Neubaugebietes genutzt - offenbar ohne große Sachkenntnis zu dem Geschehen im August 1914.

Wenn aus Feinden Freunde werden

Nach einer privaten Initiative von Mitgliedern der Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS) wurden 2014, also 100 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen, vorsichtig Kontakte in Richtung Aiseau-Presles, der Gemeinde, zu der Roselies gehört, geknüpft. Jetzt, ein Jahr später, entwickelt sich daraus so etwas wie Freundschaft - nicht nur zwischen Roselies und Braunschweig.

Erstmals nahmen dieses Jahr auch offiziell Vertreter der Stadt Braunschweig an den Gedenkfeiern in Aiseau-Presles teil. Dies zusammen mit Vertretern der französischen Stadt Rouen, deren 74er Regiment 1914 in der Schlacht von Roselies gegen das braunschweigische 92er Regiment kämpfte. In einer bewegenden Rede betonte Bürgermeisterin Annegret Ihbe vor dem „Monument des Morts“, dass die Stadt Braunschweig die schmerzlichen Erinnerungen mit Roselies teilen möchte. Auf belgischer und französischer Seite fand das Aufmerksamkeit und Anerkennung. Ein Vertreter der Stadt Rouen regte an, dass man die Beziehung zwischen Roselies, Braunschweig und Rouen doch festigen und vertiefen möge.

Braunschweig ist damit die erste Stadt Niedersachsens, die den Mut hat, sich zur Vergangenheit ihrer Regimenter im August 1914 in Belgien zu bekennen, um freundschaftliche Beziehungen über diese Erinnerungspartnerschaft aufzubauen. Braunschweig und die Initiatoren der BIBS danken Roselies und Rouen dafür. Und wir von flanderninfo.be haben vor einem Jahr mit unserer Berichterstattung zu dieser schönen Geschichte ein kleines Steinchen beigetragen…

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