Juncker meint: Einsparungen würden kaum Folgen für wallonische Wirtschaft haben

Letzte Woche stellte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für den europäischen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) von 2021 bis 2027 vor. Es ist ein schwieriger Balanceakt: Gespart werden soll im Bereich Landwirtschaft und in der Kohäsionspolitik, das heißt bei den Fördermitteln für die Regionen. In einer Rede im wallonischen Parlament in Namur verteidigte der Europäische Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Vorgehen, doch er betonte auch, dass Wallonien nicht so viel davon spüren würde.

Anläßlich des Europatages hat sich der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, ans wallonische Parlament in Namur gewandt. Er erklärte die Prioritäten der Kommission für ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt.

Gleichzeitig verteidigte Juncker die geplanten Einsparungen der Kommission im mehrjährigen Haushaltsrahmen. Diesen hatte die Kommission am vergangenen 2. Mai vorgestellt. Sie will u.a. 7 Prozent im Budget für Regionalpolitik streichen. Die größte Summe fließt in weniger entwickelte Regionen in Süd- und Osteuropa.

Doch auch stärker entwickelte Regionen wie Flandern und Bayern profitierten in der Vergangenheit von den Fonds, um Infrastrukturarbeiten wie die Anlage von Fahrradwegen oder Fahrradbrücken durchzuführen.

Wallonien: Nicht reich, nicht arm

Alle EU-Regionen profitieren von der Kohäsionspolitik. Die Regionen werden nach ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP) als stärker entwickelt, Übergangsregion oder weniger
entwickelt eingestuft. 

Wallonien profitiert seit 2014 über 4 seiner Provinzen (Lüttich, Hennegau, Namur und Luxemburg) vom Status der Übergangsregion, deren BIP zwischen 75 und 90 % des EU-Durchschnitts beträgt. Wallonisch-Brabant gilt hingegen als "stärker entwickelt".

Der Status brachte Wallonien einen Geldsegen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro im Zeitraum von 2014-2020 ein. Einen Großteil davon könnte sie künftig verlieren, wenn sie nicht mehr zu den förderungswürdigen Regionen gezählt wird.

Juncker versuchte jedoch, die wallonischen Parlamentarier an diesem Dienstag zu beruhigen: In seiner Rede betonte er, dass die Einsparungen kaum Folgen für die wallonische Wirtschaft haben würden.

Geht es nach Juncker, so bekämen stärker entwickelte Regionen wie Bayern allerdings weniger Geld: "Warum sollte ein portugiesischer Steuerzahler den Bau eines Fahrradweges in Bayern mitbezahlen?" "Sie werden sehen, einige überflüssige und skandalöse Ausgaben wird es nicht mer geben", so Jean-Claude Juncker vor den wallonischen Parlamentariern. Man werde solche Ausgaben streichen, die nicht sein dürften.

Juncker beruhigt wallonische Landwirte

Dimitri Fourny, Fraktionsführer der französischsprachigen Christdemokraten (CDH) zeigte sich besorgt im Hinblick auf die geplanten Einsparungen in der Agrarpolitik. Er wollte wissen, was die Folgen der Einsparungen für die flämischen Landwirte sein würden. "Kleine Landwirtschaftsunternehmen und Familienbetriebe in Wallonien können nicht mehr leisten mit weniger Mitteln", so Fourny. Juncker versicherte den wallonischen Bauern jedoch, dass kein einziger wallonischer Landwirt europäische Förderungen verlieren würde.

2016 hatte das wallonische Parlement eine Zeit lang die Unterschrift für das CETA-Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada blockiert. Inzwischen sitzt eine neue Mehrheit in der wallonischen Regierung, nachdem die CDH die Zusammenarbeit mit den französischsprachigen Sozialisten (PS) aufkündigte und eine Regierung mit den französischsprachigen Liberalen (MR) bildete. Die Debatte mit Juncker verlief deshalb eher unspektakulär. Juncker witzelte: "Ich hatte mich schon an die Attacken des CDH-Vorsitzenden (Lutgen) während der CETA-Krise gewöhnt." Und um zu zeigen, dass alles wieder im Lot ist, fügte Juncker später hinzu: Würde er in Belgien wählen, würde er die CDH wählen.

Am morgigen 9. Mai, dem eigentlichen Europatag, wird Juncker vor dem flämischen Parlament in Brüssel sprechen.

Mehrjähriger Finanzrahmen

Der aktuelle mehrjährige EU-Finanzrahmen (MFR), der von den EU-Institutionen für jeweils sieben Jahre festgelegt wird, sieht für die Jahre 2021 bis 2027 ein Gesamtvolumen von 1.279 Milliarden Euro vor. Das sind 1,11 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU-Mitgliedstaaten. Der künftige EU-Finanzrahmen gilt für 27 Mitgliedsländer und wurde wegen des „Brexit“ ohne den bisherigen Nettozahler Großbritannien errechnet.

Gemeinsam machen die beiden größten Posten, Landwirtschaftspolitik und Kohäsionspolitik, rund 70 Prozent der gesamten EU-Ausgaben aus.

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