Orbán, EVP und Flanderns Christdemokraten CD&V

Bei den flämischen Christdemokraten CD&V sorgt der deutliche Wahlsieg des rechtspopulistischen Premierministers Victor Orbán (Foto) in Ungarn für Diskussionsstoff. Dessen Partei Fidesz gehört zur Europäischen Volkspartei EVP, zu der die CD&V auf EU-Ebene ebenfalls gehört. Die Ansichten in den Rängen der CD&V sind geteilt.

Schon seit Jahren schauen die flämischen Christdemokraten mit gemischten Gefühlen in Richtung Ungarn, wo die rechtspopulistische Partei Fidesz von Regierungschef Orbán Standpunkte einnimmt, die sich immer weiter von den CD&V-Inhalten entfernen und die sogar diametral dem gegenüberstehen, was die Partei hier vertritt.

Vor allem Orbáns Einwanderungspolitik, die auch der Vorgehensweise der Europäischen Union entgegenspielt, und der Umgang mit Demokratie und Pressefreiheit sorgen für inhaltliche Probleme bei der CD&V. Doch vorerst scheint hier niemand wirklich geneigt zu sein, Fidesz und Orbán aus der EVP rauswerfen zu lassen.

Belgiens CD&V-Vizepremier, Wirtschafts- und Arbeitsminister Kris Peeters (kl. Foto) will Orbán schon alleine nicht aus der EVP rauswerfen, weil dieser demokratisch gewählt sei. „Davor muss man Respekt haben.“, zitiert ihn die flämische Tageszeitung De Morgen dazu.

Parteisprecher Steffen Van Roosbroeck glaubt, dass man die EVP dazu nutzen sollte, Orbán inhaltlich Grenzen aufzuzeigen. Auch der CD&V-Parlamentsabgeordnete Servais Verherstraeten denk ähnlich. Seine Partei wähle den Standpunkt, Fidesz könne nur im EVP-Verband im Zaum gehalten werden…

Victor Orbán hatte mit seinem nationalistischen und fremdenfeindlichen Anti-EU-Wahlkampf am vergangenen Wochenende fast 50 % der Stimmen bei den ungarischen Wählern erzielt und konnte damit seine Mehrheit und seine Macht weiter ausbauen.

Kritik an der und in der EVP

Der Chefredakteur des flämischen Nachrichtenmagazins Knack, Bert Bultinck, stellt in der neuesten Ausgabe seiner Zeitschrift ebenfalls die Frage, wann die europäischen Christdemokraten endlich in der Orbán-Frage wach werden. Schließlich sei die Europäische Volkspartei die größte Kraft im EU-Parlament und mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mit Les Républicains in Frankreich oder der Partido Popular von Mariano Rajoy in Spanien habe man doch Personal im Haus, um den Ungarn in die Schranken zu weisen.

Pascal Arimont, EU-Abgeordneter der christlich-sozialen CSP in der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien und ebenfalls EVP-Mitglied, will, dass Orbáns Fidesz aus der Europäischen Volkspartei entfernt wird. Gegenüber unseren frankophonen Kollegen der RTBF sagte er deutlich: „In der Politik muss man deutlich und ehrlich sein. Wenn man bestimmte Grenzen, die die Partei gesetzt hat, überschreitet, kann man kein Teil mehr davon sein. Hier hat die Fidesz-Partei schon mehrmals die roten Linien überschritten. Wenn wir unsere eigenen Werte respektieren wollen, müssen wir sie ausschließen.“ Arimont will seinen Standpunkt bei der nächsten EVP-Sitzung vertreten.

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