Wahlrecht für Expats in der Brüsseler Region?

Eine Bürgerinitiative eifert in diesen Tagen für ein Wahlrecht für Nicht-Belgier bei den kommenden Regionalwahlen, sprich bei den Wahlen in der Region Brüssel Hauptstadt 2019. Die Initiative #1Bru1Vote hat jetzt eine Petition auf den Weg gebracht, die unter einem Motto im Brüsseler Dialekt für dieses Wahlrecht kämpfen soll: „Ein Brusseleir, eine Stimme“. Flanderns Landesminister für Brüsseler Angelegenheiten Sven Gatz (Open VLD) schloss sich dieser Forderung bereits an.

Seit 2004 ist es Nicht-Belgiern möglich, sich an den Kommunalwahlen in Belgien zu beteiligen. Doch bei Regionalwahlen in unserem Land wird diesen Expats oder anderen Mitbürgern mit ausländischer Staatsangehörigkeit dieses Recht nicht eingeräumt. Das soll sich auf jeden Fall in der Region Brüssel Hauptstadt ändern, wie die Bürgerinitiative #1Bru1Vote seit einiger Zeit fordert.

#1Bru1Vote begründet diese Idee mit einem konkreten Ansatz, den sie in einem offenen Brief an die Entscheidungsträger verdeutlichte: Die Brüsseler Stadtregion funktioniere aus einer besonderen Situation heraus, aus der selbst lokale Angelegenheiten auf regional-parlamentarischer Ebene besprochen würden. Das bedeute, dass in vielen Fragen die Stimme der ausländischen Bewohner einer der insgesamt 19 Brüsseler nicht gehört werden könne.

Im als offenem Brief veröffentlichten Manifest der Initiative #1Bru1Vote heißt es dazu : „Einem von drei volljährigen Bewohnern der Region Brüssel Hauptstadt - das sind immerhin 310.000 Menschen - wird so das Mitspracherecht verwehrt und auch das Recht, eine aktive Rolle in der Politik zu spielen, weil er nicht die belgische Nationalität hat.“

Hier würden 220.000 Einwohner aus der Europäischen Union und weitere 90.000 Mitbürgern mit einer anderen Staatsangehörigkeit zu „Bürgern zweiten Ranges“: „Das ist eine der größten demokratischen Unzulänglichkeiten in der Europäischen Union.“ Bis zum Wochenende haben rund 700 Personen diese Petition unterzeichnet und in ihrem Manifest ruft die international zusammengesetzte Bürgerinitiative Premierminister Charles Michel (MR - kl. Foto) dazu auf, einen Gesetzesvorschlag einzureichen, der diese Situation bis zum Wahljahr 2019 endlich verändert.

Positive Reaktionen, Problem Staatsrat

Nicht wenige Politiker aus der Region und aus den einzelnen Brüsseler Gemeinden stimmen der Initiative zu und sogar Flanderns Landesminister für Brüssel-Fragen Sven Gatz (kl. Foto) von den flämischen Liberalen Open VLD will diese Sache unterstützen. Seiner Ansicht nach würde dies dem internationalen Charakter der Haupotstadt-Region Brüssel gerecht. Er machte sogar schon einen konkreten Vorschlag.

Jedem Expat, der seit 5 Jahren in einer der 19 Brüsseler Gemeinden lebe, arbeite und seine Steuern zahle, dem solle auch auf regionaler Ebene Wahlrecht verliehen werden. Das Motto des Brüsseler Flamen: „No taxation without representation“. Staats- und Verfassungsrechtler haben allerdings ihre Zweifel, denn es braucht für diesen Vorgang ein spezielles Gesetz auf belgischer Bundesebene. Überdies bestehe zu diesem Thema auf politischer Ebene absolut keine einheitliche Meinung. Das habe seinen guten Grund, so Emmanuel Vandenbossche, Professor für Verfassungsrecht an der Freien Universität Brüssel (VUB).

Vandenbossche verweist auf die dadurch möglicherweise entstehende Diskriminierung zwischen Nicht-Belgiern, denen in Brüssel ein regionales Wahlrecht eingeräumt werde und Nicht-Belgier in Flandern und in der Wallonie, denen dieses Recht nicht eingeräumt würde. Gegenüber der VRT-Nachrichtenredaktion sagte der Verfassungsrechtler: „Wir haben in Belgien einige asymmetrische Verhältnisse, doch Asymmetrie auf Basis der Zuerkennung eines politischen Rechts haben wir bisher noch nicht erlebt. Der Staatsrat würde dies ganz einfach zurückweisen.“

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