"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, hoffentlich jetzt in ganz Europa!"

Maurer aus Polen, Fliesenleger aus Rumänien oder Pfleger aus Bulgarien: Sie sind zahlreich, die EU-Ausländer, die als Entsandte aus ihren Heimatländern befristet in Ländern wie Belgien, Frankreich, Deutschland oder Österreich arbeiten. Bezahlt werden sie aber häufig viel schlechter als die einheimischen Arbeitnehmer. Das soll sich ändern. Aus diesem Grund sind die EU-Arbeits- und Sozialminister an diesem Montagmorgen in Luxemburg zusammengekommen. Sie wollen Maßnahmen gegen das Lohn- und Sozialdumping in Europa beschließen.

So wollen sie eine Einigung über schärfere Regeln für entsandte Arbeitnehmer treffen. Auf einen Durchbruch hofft zumindest der derzeitige EU-Vorsitz Estland.

Verhandelt wird über die Reform der sogenannten Entsenderichtlinie von 1996. Diese regelt den Einsatz von Arbeitnehmern über Grenzen hinweg in anderen EU-Ländern. Nach der bisherigen Richtlinie gelten für entsandte Arbeitnehmer Mindestlöhne und Mindestansprüche wie Urlaub im Aufnahmeland.

Doch Gewerkschaften halten die Richtlinie für unzureichend, weil sie große Lücken aufweist und die Regeln immer wieder von Firmen untergraben werden. Die Unternehmen suchen sich Schlupflöcher, indem sie zum Beispiel Überstunden nicht ausbezahlen oder die Mitarbeiter weiterhin im Heimatland günstiger sozialversichern. Außerdem scheint es an den nötigen Kontrollen zu fehlen.

"Der illoyalen Konkurrenz Einhalt gebieten"

"Wir hoffen, dass wir der illoyalen Konkurrenz Einhalt gebieten können und dass das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit jetzt in ganz Europa Akzeptanz findet", erklärte Belgiens Vizepremier Kris Peeters (CD&V) (Archivfoto oben) vor Beginn der Verhandlungen.

Die EU-Kommissarin für Arbeit und Soziales Marianne Thyssen (Foto im Text) hatte letztes Jahr einen Vorschlag vorgelegt, um die Hintertürchen zu schließen. In der VRT sagte sie: "Ich habe ein Hindernis nach dem anderen aus dem Weg geräumt und vor allem die Länder in Ost- und Mitteleuropa versucht, zu überzeugen, dass sie doch auch keine Arbeitnehmer zweiter Klasse wollen. Mein Vorschlag ist zum Schutze Europas."

Viele osteuropäische Länder halten jedoch an ihrer Kritik fest, dass westliche Staaten ihre Arbeitsmärkte abschotten wollten, denn grundsätzlich gilt im gemeinsamen Binnenmarkt, dass jeder in dem EU-Staat arbeiten kann, in dem er möchte.

Nach mehr als einem Jahr des Streits über die neuen Regeln, sind jetzt die letzten umstrittenen Punkte wie eine maximale Frist der Entsendungen und ob Lastwagenfahrer zunächst von den neuen Vorgaben ausgenommen werden sollen, zu klären.

Marianne Thyssen hofft auf einen Durchbruch

Frankreich und Belgien für eine Reduzierung der Entsende-Frist von 24 auf 12 Monate

Länder wie Frankreich und Belgien plädieren für eine Reduzierung der Frist von 24 auf 12 Monate. "Wir haben ein Mandat erhalten, um uns den 12 Monaten so weit wie möglich anzunähern, aber ich denke auch, dass eine Einigung heute wichtig ist", so Peeters. "Wenn es 12 Monate werden, werden wir überglücklich sein, aber ich meine, es gibt einen Spielraum zwischen 12 und 24 Monaten."

Peeters wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, wie wichtig eine gut funktionierende Entsenderichtlinie für Belgien sei. Das Land steht an dritter Stelle, was die Aufnahme entsandter Arbeitnehmer angeht und an neunter Stelle, was die Entsendung von Arbeitnehmern betrifft.

Sollte es an diesem Montag zu einer Einigung der Minister kommen, muss noch ein Kompromiss mit dem Europaparlament gefunden werden. Das hatte letzte Woche einen eigenen Entwurf erarbeitet. Kommissarin Thyssen hofft, dass bis nächsten Sommer eine definitiver Einigung auf dem Tisch liegen wird.

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