Verhofstadt zu May: "Die Wahlen ändern nichts"

Der ehemalige belgische Premierminister und heutige Brexit-Unterhändler für die EU, Guy Verhoftstadt (Foto), schreibt in einem Kommentar für die britische Tageszeitung The Guardian, dass die für Juni angesetzten Wahlen in Großbritannien nichts bringen werden: „Glauben sie Theresa May nicht. Die Wahlen verändern nichts.“

Guy Verhofstadt, flämischer Liberaler (Open VLD), Brexit-Unterhändler für die EU und Vorsitzender der liberalen Fraktion im EU-Parlament (Alde) scheut in seinem Kommentar in der britischen Tageszeitung The Guardian keine klaren Worte. Die Theorie, nach der die britische Premierministerin Theresa May Neuwahlen angesetzt habe, um für bessere Voraussetzungen für Großbritannien in den Verhandlungen mit der Europäischen Union sorgen zu können, nennt Verhofstadt „Unsinn“ und die Wahlen an sich sind für den enthusiastischen Europapolitiker „ein konservativer Griff zur Macht“.

Er geht in seinem Kommentar sogar so weit zu sagen, dass er als Belgier durchaus einen Hang zum Surrealismus habe und dass er deshalb den Eindruck habe, das britische Szenario zum Brexit gleiche der „unwahrscheinlichen Kunst von Magritte“. Damit geht er einen kleinen Schritt weiter als der Europäische Präsident Donald Tusk. Der Pole verglich die Herangehensweise der Briten an den Austritt aus der EU mit einem Film von Alfred Hitchcock.

Konkret wird der belgische Ex-Premier, wenn es um die Frage des Artikels 50 in Vertrag von Lissabon geht. Dieser Vertrag regelt den Austritt eines Mitgliedslandes aus der Union. Verhofstadt vermutet, dass viele britische Politiker und auch viele Medien auf den britischen Inseln nicht verstanden haben, wie dieser Passus, bzw. wie dieser Vorgang funktioniert.

Für ihn, und auch bei nicht wenigen Menschen auf dem europäischen Festland, steht fest, dass die für Juni angesetzten Wahlen in Großbritannien ähnlich dem Brexit-Referendum das Resultat von internen Machtkämpfen innerhalb der konservativen Partei sind. Verhofstadt schreibt in seinem Kommentar, dass diese Vorgänge eher einem „aus dem Ruder gelaufenen Catfight zwischen den Konservativen untereinander“ gleichen.

Die Wahlen seien opportunistisch, ein Versuch der Konservativen, die Macht zu ergreifen und eine Reaktion auf die Schwäche der Sozialisten auf den britischen Inseln. Die Konservativen würden in den kommenden fünf Jahren an der Macht bleiben wollen und zwar solange, bis die Folgen des Brexit wirklich spürbar würden. Für die Unterhändler der Europäischen Union in Brüssel sei das alles „irrelevant“, denn eigentlich seien die britischen Politiker die Vertreter ihres Volkes und dies habe mit den konservativen Abgeordneten zahlenmäßig nicht viel zu tun.

Die möglichen Folgen

Guy Verhofstadt ist der Ansicht, dass viele britische Bürger den Brexit mittlerweile bereuen, doch deren Regierung habe nun einmal beschlossen, Artikel 50 des Vertrages von Lissabon auf den Weg zu bringen und Premierministerin May habe einen Brief an die EU geschrieben, in dem sie die Standpunkte ihrer Regierung in Sachen Brexit verdeutliche.

Dies habe Folgen, so Verhofstadt in The Guardian. Die Briten werden die Zollunion verlassen und dies führe zu Zollkontrollen nach dem Brexit. Die Briten werden den Einheitsmarkt verlassen, auf den seinerzeit sogar Premierministerin Margaret Thatcher bestanden habe. Dies bedeute, dass der freie Verkehr von Menschen, Waren und Gütern sowie Dienstleistungen zwischen Großbritannien und der EU ein Ende habe.

Da die britische Regierung offensichtlich nicht vorhabe, an den europäischen Kooperationen auf juristischer Ebene und auf Ebene des internen EU-Bereichs festzuhalten, haben britische Bürger nach dem Brexit nicht mehr Recht auf einen Ferienaufenthalt in der Europäischen Union, als Touristen aus Russland und Studenten aus Großbritannien müssten für einen EU-Aufenthalt die gleichen Bedingungen erfüllen, wie ein Kommilitone aus Indien.

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Surrealistischer Nebel

Die Meldung einer britischen Tageszeitung, nach denen die EU-Bankenautoritäten und die EU-Lebensmittelagentur in Großbritannien bleiben werden, sei falsch, so Verhofstadt. Dass die Union diese Behörden abziehen wolle, sei keine Strafe, sondern eine logische Folge des Schreibens, das Premierministerin May in Sachen Brexit und Artikel 50 an die EU gerichtet habe.

Er hoffe, so Guy Verhofstadt abschließend, dass die Wahlen im Juni zu „einer ehrlichen Debatte zur bitteren Realität des Brexit“ führen werden: „Vielleicht kann dann der surrealistische Nebel, der die britischen Minister umgibt, abziehen und vielleicht können wir dann eine ernsthafte Diskussion über unser zukünftiges Verhältnis führen, von dem ich hoffe, dass ein inniges Verhältnis werden wird.“

Lesen Sie hier den Beitrag von Guy Verhofstadt in The Guardian.

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