"Europa braucht Finanzminister und Haushalt für Eurozone"

Im Europäischen Parlament in Straßburg hat der Europaabgeordnete Guy Verhofstadt seine Vorschläge für eine tiefgreifende Reform der Europäischen Union vorgetragen. Verhofstadt ist Fraktionsführer der Liberalen im Europaparlament. Er will eine schlankere Europäische Kommission. Doch Europa brauche auch einen Finanzminister und einen Haushalt für die Eurozone.
imago/Eibner Europa

Über den Bericht von Verhofstadt über die Zukunft der EU wird am morgigen Mittwoch im Parlament abgestimmt. Verhofstadt sagte im Europäischen Parlament in Straßburg: "Lassen Sie uns der Realität ins Auge sehen: Unsere Union macht eine Krise durch. Unsere Europäische Union hat nicht viele Freunde, nicht in Europa und schon gar nicht außerhalb Europas."

Immer mehr Wähler wendeten sich vom europäischen Projekt ab, weil die Union stets "zu wenig" und "zu spät" auf die vielen Krisen des vergangenen Jahrzehnts reagiert habe.

"Ich denke, das ist auch der Grund, warum viele Bürger sauer auf Europa sind. Sie sind nicht gegen Europa, sondern gegen die Union, die nicht die richtigen Ergebnisse liefert oder nicht in der Lage ist, zum Beispiel die richtigen Antworten auf die Flüchtlingskrise zu finden oder die Stagnation der Wirtschaft nach der Finanzkrise zu durchbrechen", wetterte Verhofstadt.

"Europäer erwarten von einer EU, dass diese künftigen Generationen etwas bietet. Wir brauchen eine effizientere, demokratischere und stärkere Union", twitterte Verhostadt auch noch.

Verhofstadts Vorschlag

Sein Plan: Die Europäische Kommission muss viel schlanker werden und zu "der wichtigsten Exekutive oder Regierung der Union" umgebildet werden. Das "Europa à la carte" mit all seinen Opt-ins, Opt-outs und anderen Ausnahmen für Mitgliedstaaten wird abgeschafft. Allerdings soll es für kooperative Mitgliedstaaten leichter werden, eine stärkere Zusammenarbeit einzugehen. Das Vetorecht der Mitgliedstaaten wird auf das absolute Minimum zurückgeschraubt und neue Befugnisse für das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente sollen die Union demokratischer machen.

Ferner stellt Verhofstadt ein stärkeres Verfahren zum Schutz der bürgerlichen Freiheiten in Europa vor. Europol soll im Kampf gegen Terrorismus einen echten Ermittlungs- und Nachrichtendienst bekommen und Europa soll sich mit einer Verteidigungsunion gegen externe Bedrohungen wappnen.

Verhofstadt rückt auch das Thema Eurozone in den Mittelpunkt. Der liberale Abgeordnete fordert einen eigenen Haushalt für die Euroländer und einen europäischen Finanzminister. Konvergenzregeln sollen sicherstellen, dass sich die Mitgliedstaaten in den Bereichen Steuern, Arbeitsmobilität, sozialer Zusammenhalt und Renten aufeinander zubewegen.

Der Bericht von Verhofstadt ist an zwei andere Berichte (einen von dem deutschen Christdemokraten Elmar Brok und einen von der italienischen Sozialdemokratin Mercedes Bresso) gekoppelt, die in dieser Woche ebenfalls im EP behandelt werden.

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