Aufhören, auf Belgien einzuprügeln!

Europa sollte aufhören, mit dem Finger auf Belgien zu zeigen, denn Europa sei genau wie Belgien: politisch verteilt und anfällig für Terrorismus, schreibt The Economist an diesem Samstag.

Ja, Belgien sei jahrelang die Zielscheibe europäischer Witze gewesen und das hauptsächlich wegen seiner zerrütteten Politik - man denke nur an die 589 Tage ohne Regierung. Und ja, der Terror habe die dunkle Seite von Belgiens Misswirtschaft hervorgebracht, die sich in Form unkoordinierter Sicherheitsdienste und vernachlässigter Viertel wie Molenbeek äußere. 

Belgien taumele mitten in eine Terrorismusbedrohung aus dem Inland. Hier wie anderswo hätten Haushaltskürzungen die Polizei und die Nachrichtendienste mit einem Mangel an Ressourcen, inklusive arabisch sprechendes Personal, zurückgelassen. 

Die offiziellen Sicherheitsdienste besäßen eine Beobachtungsliste von rund 800 potenziellen oder aktuellen Kämpfern im Ausland. Wie ihre Kollegen auf der Insel und in Frankreich, verfügten sie jedoch nicht im geringsten über die personellen Ressourcen, die nötig wären, um diese Personen allesamt zu überwachen, schreibt die Zeitung auf ihrer Webseite. Mehr Mittel seien jüngst freigemacht worden, um Leute zu beobachten, die aus Syrien zurückkommen, allerdings auf Kosten von anderen Sicherheitsanliegen wie die Spionagebekämpfung.

Belgien verwaltet nun das Erbe seines Versagens

Belgische Polizei-  und Geheimdienste hätten nicht immer harmonisch zusammengearbeitet, aber das sei doch überall genauso. "Jüngste gesetzgeberische Veränderungen haben die Kooperation verbessert", so The Economist.

Inzwischen handhabe Belgien das Erbe seines Versagens, um große Teile seiner Moslemminderheit zu integrieren. Zurecht oder nicht, stehe Molenbeek Synonym für Dschihadismus, aber ähnliche Probleme existierten überall im Land. So habe Sharia4Belgium zahlreiche junge Belgier dazu ermutigt, in den Kampf nach Syrien aufzubrechen. Der Anteil der belgischen Bevölkerung, die in den Kampf nach Syrien oder in den Irak aufgebrochen sei, sei höher als aus anderen EU-Ländern, betont die Zeitung weiter.

Wir sind jetzt alle Belgier

Doch, fährt die Zeitung fort, habe kein einziges europäisches Land mit einer großen muslimischen Minderheit das Integrationsproblem gelöst. Großbritannien und Frankreich wendeten verschiedene Methoden an, aber jedes Land hätte verschiedene Menschen bei selbst geschürten terroristischen Anschlägen sterben sehen.

Vor zwanzig Jahren sei die Hauptterrorgefahr in Europa von regionalen Separatisten ausgegangen. Vor zehn Jahren seien  es die spektakulären Anschläge von al-Qaeda oder Gruppen gewesen, die sich durch diese beeinflussen ließen. Das Ganze gehe jetzt einen chaotischeren Weg, sei gegen weichere Ziele gerichtet, über Grenzen hinweg organisiert und verbunden mit  Bandenkriminalität und Waffenhandel.

"Das wirft Fragen für Beamte aus ganz Europa auf und nicht weniger darüber, inwieweit sie gewillt sind, Geheiminformationen und Daten mit ihren Kollegen woanders zu teilen, ob innerhalb der EU oder in anderer Art und Weise. Es ist an der Zeit, das Einprügeln auf Belgien zu beenden. Große Teile Europas sitzen im gleichen Boot", schließt die Zeitung ihren Artikel.

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